Das Geheimnis ist gelüftet. Es war Emrakul im Mond mit den Tentakeln!
Ok, ich war nicht überrascht. Wart ihr es?
Trotzdem ein großes Lob an die Story-Abteilung von Wizards. Die liefern mit dem neuesten Innistrad-Kapitel eine weitere Hommage an den klassischen Horror und kündigen den Schrecken aus dem All stilecht in bester H.P. Lovecraft-Manier an. Am Anfang tauchen seltsame Hinweise auf. Man merkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Gerüchte verbreiten sich: "Steckt Emrakul dahinter?". Im Lauf der Zeit verdichten sich die Indizien bis fast zur Gewissheit. Der Wahnsinn breitet sich aus. Aber trotzdem werden andere Erklärungen gesucht, von denen, die es nicht wahr haben wollen. Solange, bis das Monster leibhaftig über der Stadt schwebt und niemand mehr seine Existenz leugnen kann. Da haben Wizards den Flavor genau getroffen.
Die Auflösung des Emrakul-Rätsels war zwar irgendwie zu erwarten und ich habe auch schon einige Beschwerden gelesen, dass diese Entwicklung zu offensichtlich gewesen sei. Diese negativen Reaktionen kann ich aber ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Natürlich findet eine Community aus mehreren Millionen Menschen, die zusammen jeden Stein umdreht und analysiert, irgendwann jeden versteckten Hinweis. Aber Wizards haben es trotzdem geschafft, über Monate alle konkreten Informationen für sich zu behalten und damit die Spekulationen am Laufen zu halten, genau passend zur Storyline. Bei Lovecraft kommt das Ende auch selten überraschend. Es ist immer irgendwas Übersinnliches und meistens irgendeine außerirdische Scheußlichkeit aus dem Necronomicon des verrückten Arabers Abdul Alhazred (einem ultra-geheimen Buch, das komischerweise trotzdem jeder Ich-Erzähler in den Geschichten kennt). Als heutiger Leser liegt für mich der Unterhaltungswert von Lovecraft auch weniger in den Überraschungsmomenten als in der Atmosphäre wachsenden Wahnsinns, die der Autor in seinen Geschichten mit viel Liebe zum Detail aufbaut.
Einige Horror-Fans, die ich kenne, finden Lovecrafts Geschichten umständlich, trocken und langweilig. Sein Stil ist definitiv gewöhnungsbedürftig. Er beschreibt seine Monster und Schrecken eher kompliziert und abstrakt mit Adjektiven wie "abnormal", "gottlos" oder "verflucht". Das löst beim heutigen Leser wahrscheinlich keine besonders angsteinflößenden Bilder im Kopf aus. Dafür haben 100 Jahren Horror-Filme unsere Vorstellungskraft einfach zu sehr abgestumpft. Unsere (Bild-)Sprache ist seitdem sehr viel drastischer geworden. Übersetzt man seine Ideen in eine zeitgemäße Darstellung, sind viele seiner Geschichten aber immer noch für Schock- und Würg-Momente gut. Außerdem muss sich auch auf das langsame Erzähltempo einlassen und sich beim Lesen bewusst machen, dass nicht jeder Plot Twist, der heute zum kleinen Horror Einmaleins gehört, zu Lovecrafts Zeit schon so ausgelutscht war. Einige davon hat er ja erst erfunden. Der direkte Vergleich zwischen Lovecraft und heutigen Horror-Autoren ist also genauso angemessen wie ein Rennen zwischen Nico Rosberg im aktuellen Silberpfeil und einem Silberpfeil aus den 1930ern, nämlich gar nicht. Wer nicht auf Oldtimer steht, sollte zumindest anerkennen, dass Lovecrafts Werk einen historischen Meilenstein für Horror, Fantasy und Science Fiction darstellt.
Long story short, ich finde es klasse, dass Wizards den Eldrazi jetzt den Cosmic Horror Flavor verpasst haben, den sie verdient haben und den ich bei den Eldrazi-Pokemons aus Battle for Zendikar vermisse. Der Spoiler für Eldritch Moon ist zwar noch seeehr übersichtlich, aber was bisher an Artworks gezeigt wurde, lässt hoffen.
Auch das Kartendesign von Emrakul 2 gefällt mir außerordentlich gut. Das Bild bringt gut rüber, wie dieses riesige Monster aus dem Nebel auftaucht und eine ganze Stadt plattmacht. Und ja, 13/13 ist riesig. Habt ihr mal nachgeschaut, wie viele Kreaturen es gibt, die größer als 13/13 sind? Genau zwei: Worldspine Wurm und -Überraschung- Emrakul, the Aeons Torn. Während Emrakul 1 hauptsächlich deshalb Schrecken verbreitet, weil man in der Regel einfach stirbt, sobald der Gegner ihn beschworen hat (ganz tolles Gameplay... not), trieft die neue Fähigkeit von Emrakul 2 vor Flavor. Er taucht auf und löst Chaos aus. Der Gegner dreht am Rad, weil er es mit einem übernatürlichen, für den menschlichen Verstand unbegreiflichen Monster, dass die gesamte Realität manipuliert, zu tun hat.
Emrakul 1 hat hingegen leider die Erwartungshaltung in der realen Realität verzerrt, habe ich den Eindruck. Überall lese ich die Neuauflage sei schlecht. In welcher Welt lebt ihr eigentlich? Wer von euch denkt ernsthaft, dass Magic noch mehr lächerlichste Riesen-Fatties als "I win" Buttons für Nahiri, the Harbinger, Show and Tell oder Goryo's Vengeance braucht?
Emrakul, the Aeons Torn war doch schon die spaghettigewordene Verkörperung von "Here I rule!":
Design meeting for Emrakul
#1 - What's the dumbest idea you ever had?
#2 - 15/15 for 15?
#1 - Make it dumber
#2 - Give it protection from removal and counter?
#1 - DUMBER!
#2 - Add Timewalk?
#1 - DAMN IT MAN, I SAID DUMB!! DUMB !!!
#2 - It destroys everything when it attacks.... And wait, I have a friend who plays mill decks... I want to beat him too.
#1 - Excellent!
Wie will man das noch steigern? 17/17 für 17, Annihilator 7? Der Gipfel der Stumpfheit ist doch bereits erreicht. Emrakul 1 ist maximal lästig (und eigentlich nur dank Karakas ok) im Legacy und im Big-Mana-Format Commander ist sie zu Recht gebannt.
Ein schnöder Reprint wäre auch ziemlich langweilig gewesen. Schade nur, dass Wizards es verpasst haben, der Karte einen Twist zu verpassen, mit dem sie ihre ursprünglichen Dimensionen hätte behalten können, z.B. als Double-Faced-Card:
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Strange Moon xy
Enchantment
Strange Moon enters the battlefield with 13 silver counters on it.
Whenever you sacrifice a Clue, remove a silver counter from Strange Moon.
When Strange Moon has no silver counters on it, transform it into Emrakul.
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Damit hätte man wirklich im Spiel selbst nochmal das Geheimnis aufgedeckt. Kann aber auch verstehen, dass Wizards das große Badgirl nicht nur auf der Rückseite einer anderen Karte verstecken will.
Was ich auch sehr geil gefunden hätte, um die enorme Macht und die riesigen Dimensionen von Emrakul zu transportieren, wäre ein Big Spaghetti Monster nach dem Vorbild von:
War vermutlich regeltechnisch nicht machbar. Wie hättet ihr euch den neuen Emrakul gewünscht?
Ich bin jedenfalls gespannt, auf das was die Spoiler noch so bringen (Bitte nur nicht wieder dieser Magic: The Avengers Bullshit aus Battle for Zendikar). Die veröffentlichten Artworks sehen auf jeden Fall schon mal eindrucksvoll aus. Insbesondere gefallen mir diese hier:
Das ist tatsächlich eine fleischgewordene Lovecraft-Story. Zwei schöne Engel, dem Wahnsinn verfallen, und zu einer gottlosen Klumpen verschmolzen. Mehr davon, bitte! Auch wenn mich diese Engelspastete unfreiwillig komisch ein bisschen an Futurama erinnert.
Das Artwork vom heutigen Spoiler finde ich ebenfalls Hammer.
Irgendwas zwischen dem Starship Troopers God Bug und Howl's Moving Castle. Auf jeden Fall eine sehr plastische Darstellung des Mottos "Innistrad - Horror lurks within". Hoffentlich kann die noch unbekannte Vorderseite da mithalten.
Zum Schluss möchte ich allen Interessierten noch eine Auswahl an Lovecraft Kurzgeschichten ans Herz legen.
1. Die Musik des Erich Zann (Part 2 & Part 3 des Hörbuchs)
Falls ihr Gefallen an Lovecraft gefunden habt, kann ich euch außerdem seine Romane Der Fall des Charles Dexter Ward und Die Berge des Wahnsinns empfehlen. Habt ihr Lieblingsgeschichten von Lovecraft oder kennt ihr gut ähnliche Geschichten von anderen Autoren?
- akmalik, Sackbert, » Arcanis « und 12 andere haben sich bedankt
Der Flavour ist megageil. Schon die erste Edition hat ja vielen Sehnsüchten Rechnung getragen, die vom ersten INN-Block begeistert waren, und der Eldrazi-Flavour bekommt jetzt erst seine würdige Fortsetzung. Im ersten Zendikar-Block waren es noch SciFi-Monster, wie sie in der Metroid-Reihe hätten vorkommen können, was ich schon SEHR ansprechend fand (vor allem die Drones). BFZ war artworktechnisch teilweise sehr geil, aber die Gesamtumsetzung des Flavours war schäbig.
Das Engelsartwork ist unglaublich ausdrucksstark, während das wandelnde Dorf durch die zwei Jungen im Vordergrund eine schwer begreifliche, düstere Grundstimmung vermittelt, könnte fast das Albumcover einer derbst guten Band sein.