Wie tief kann man sinken? Mulligans richtig nehmen
Mulligans Statistik
Zufall gehört zu Magic. Ab dem Moment, wo ich das Deck vor dem Spiel mische, bin ich dem Zufall ausgeliefert. Aber die gute Nachricht ist: Ich habe als Spieler auch selber einen Einfluss auf meine Starthand... denn ich habe die Wahl, ob ich einen Mulligan nehmen will.
Durch Mulligans kann man ein Spiel stark positiv oder negativ beeinflussen, bevor es richtig begonnen hat. Daher möchte ich in drei Beispielen vorstellen, wie man typische Mulligan-Situationen - Manascrew, Manaflood und das Ziehen von Sideboard-Karten - statistisch verstehen kann.
Manascrew: Mulligan oder nicht?
Die folgende Situation kennt sicherlich jeder: Mein Deck braucht zwei Länder, um vernünftig in die Gänge zu kommen. Ich ziehe sieben Karten – und sehe nur ein einziges Land. Was jetzt? Mulligan oder nicht?
Fast jeder wird hier eine Bauchentscheidung treffen können. Aber was sagen eigentlich die Zahlen? Das hier sind die Wahrscheinlichkeiten, mindestens ein Land auf der Starthand zu haben:
Und hier die Wahrscheinlichkeiten, zwei oder mehr Länder auf der Starthand zu haben.
Mehr dazu, wie ihr mit der Funktion "Hypgeom.Dist" eure eigenen Wahrscheinlichkeitsberechnungen in Excel anstellen könnt, am Ende dieses Artikels!
Nehmen wir einmal an, ich spiele 19 Länder (eine in Legacy nicht unübliche Anzahl). Dann habe ich nur in 6% aller Fälle überhaupt kein Land auf der Starthand, aber zu 72% habe ich zwei oder mehr. Was geschieht jetzt, wenn ich einen Mulligan nehme? Meine Wahrscheinlichkeit, zwei oder mehr Länder zu ziehen, ist mit 63% gut. Und das Risiko, überhaupt kein Land zu ziehen, bleibt mit 9% recht gering.
Wenn es mir nur um Länder geht, dann sollte ich den Mulligan nehmen und finde zu zwei Dritteln mein zweites Land.
Natürlich geht es aber nicht nur um Länder. Und nicht alle Länder sind gleich. Es macht einen Unterschied, ob das einzige Land in meiner Hand ein Polluted Delta oder ein Wasteland ist, genau wie es einen Unterschied macht, ob meine restlichen Handkarten sechs Relentless Rats sind oder zwei Dark Ritual, zwei Lion’s Eye Diamond, Ad Nauseam und Infernal Tutor.
So oder so muss ich eines bedenken: Wenn ich einen Mulligan nehme, habe ich danach wahrscheinlich zwei Länder in der Hand, aber auch todsicher eine Karte weniger. Daher schauen wir uns doch einmal an, was es für unser Business bedeutet, wenn ich Mulligans nehme.
Manaflood: Mulligan oder nicht?
Für fast alle Legacy-Decks gilt: Je mehr Länder ich in der Hand habe, desto weniger Business habe ich. Meine Starthand muss also eine Balance treffen: genug Karten, um meinen Gameplan durchzuziehen – und genug Mana, sie auch bezahlen zu können. Was also, wenn ich zu viele Länder und zu wenig Business habe? Habe ich nach einem Mulligan wirklich mehr Business in der Hand?
Den folgenden Denkanstoß habe ich bei Firsttothirst geklaut: Nehmen wir einmal an, ich spiele ein Deck mit 19 Ländern. Ich ziehe 7 Karten - und 4 davon sind Länder. Das sind 2 mehr, als ich normalerweise haben möchte. Was jetzt? Mulligan oder nicht?
Diese Tabelle zeigt meine Wahrscheinlichkeit, bei 19 Ländern im Deck genau eine bestimmte Anzahl (x) an Ländern zu ziehen. Was ich mit dem Mulligan erreichen will, sind genau 2 Länder und 4 Business-Spells. Was passiert, wenn ich den Mulligan nehme?
- Zu 21% bleibt meine Hand so gut wie gleich, mit 3 Ländern und 3 Spells.
- Zu 35% wird meine Hand besser, mit 2 Ländern und 4 Spells.
- Zu 44% wird meine Hand schlechter, mit 0, 1, 4, 5 oder 6 Ländern.
Aber halt! Wir ziehen ja auch noch Karten und haben Scry 1, wenn wir einen Mulligan nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, in den obersten zwei Karten ein Land zu finden, ist bei 18 im Deck verbleibenden Ländern 51%. Damit verändert sich unsere Mulligan-Entscheidung:
- Zu 21% bleibt meine Hand so gut wie gleich, mit 3 Ländern und 3 Spells.
- Zu 49% wird meine Hand besser, mit 2 Ländern und 4 Spells oder 1 Land, 5 Spells und mindestens 1 weiterem Land unter den obersten 2 Karten.
- Zu 30% wird meine Hand schlechter, mit 0, 4, 5 oder 6 Ländern oder 1 Land und keinem weiteren Land unter den obersten 2 Karten.
Dieses Beispiel trifft auf die meisten Decks zu, ob Burn, Elfen, Delver oder Blade: Um überhaupt mitzuspielen, brauchen sie eine kritische Menge an Ländern und Karten. Aber was ist, wenn ich nicht viele Karten brauche – sondern nur die richtigen?
Sideboard: Mulligan oder nicht?
Storytime: Ich habe einmal einem Spieler auf einem norddeutschen Turnier dabei zugesehen, wie er gegen Dredge verzweifelt nach seinem einsamen Grafdigger's Cage gesucht hat. Er nimmt sieben - kein Cage. Sechs, fünf, vier, drei - immer noch nichts. Schließlich nimmt er zwei Karten und siehe da: ein Land und ein Grafdigger's Cage.
Alles nur Glück?
Sideboards können unser Matchup in Spiel 2 und 3 erheblich verbessern. Aber was, wenn man die gewünschte Sideboard-Karte nicht auf der Starthand hat? Wann lohnt sich ein Mulligan?
Zu erst einmal ist natürlich wichtig zu wissen, wie oft wir die gewünschte Karte im Deck haben - 1, 2, 3, oder 4 mal. Danach richtet unsere Wahrscheinlichkeit, mindestens ein Exemplar davon zu finden:
Was geschieht jetzt, wenn ich solange Mulligans nehme, bis meine Karte erscheint? Hier sind die kumulierten Wahrscheinlichkeiten:
Gemeinsam helfen uns diese beiden Tabellen zu verstehen, wie weit wir auf der Suche nach unseren Sideboardkarten gehen können.
Die Wahrscheinlichkeit, wie im genannten Beispiel durch Mulligan nach Mulligan tatsächlich eine einzige Karte zu finden, liegt also bei etwa 38%. Möchte ich noch ein Land dazu, liegt sie nur noch bei etwa 13%. Dazu gehört also schon einiges Glück! Aber unter Umständen ist zu 13% gewinnen immer noch besser als zu 100% verlieren...
Suche ich aber ohne Rücksicht auf Verluste eine von 4 Karten - beispielsweise eine Leyline of Sanctity gegen Storm - dann werde ich sie zu 79% mit einem Mulligan auf 4 finden. Ich kann also aggressiv Mulligans nehmen, ohne meine Hand automatisch zu ruinieren. Ab einem gewissen Punkt bringen weitere Mulligans aber kaum noch etwas. Wenn ich meine Leylines bei 4 Karten immer noch nicht gefunden habe, fördert der Mulligan bis auf 1 nur noch zu 34% eine Leyline zu Tage, von spielbaren sonstigen Karten ganz zu schweigen. In diesem Fall sollte ich vermutlich keinen aggressiven Mulligan mehr nehmen, sondern einfach spielen und hoffen.
Und wenn ich meine Sideboard-Karten habe, dann muss ich damit nur noch gewinnen. Aber das ist ja der einfache Teil, wie wir alle wissen...
Exkurs: Wie funktioniert Hypgeom.Dist?
Fazit
Natürlich sind Mulligans nicht nur Statistik. Seine Hand korrekt einzuschätzen und einen Plan zu formulieren, wie man seine Karten in der Hand korrekt einsetzt, bleibt das A und O. Das "Bauchgefühl", über das ich oben gesprochen habe, ist ja die Summe aller Erfahrungen, welche Hände gut sind und welche nicht. Manchmal sollte eine Hand mit fünf Ländern vielleicht behalten werden, weil meine beiden anderen Karten einen klaren Gameplan anbieten. Manche Decks können komfortabel mit einem Land starten und darauf vertrauen, dass sie das zweite Land irgendwann schon nachziehen werden. Manchmal hat man perfekt seine Sideboard-Karten in der Hand und kann damit trotzdem nichts Produktives anstellen. Magic bleibt (zum Glück) Abwägungssache und der Zufall tut dazu nur seinen Teil.
Das bedeutet allerdings nicht, dass man die Statistik ignorieren sollte. Wer als Spieler besser werden will, sollte sich ein wenig mit dem Thema Mulligans befassen. Es ist einfach, "Pech" die Schuld an Niederlagen zu geben. Wer aber korrekt Mulligans nimmt, erhöht die Konstanz seines Decks. Also, wollt ihr weniger Manascrew? Wollt ihr öfter mitspielen? Wollt ihr öfter so wirken, als hättet ihr sauviel Glück mit euren Boardings? Dann beschäftigt euch mehr mit Mulligans!
- The Finisher, Behelith, Winston Smith und 15 andere haben sich bedankt
HYPGEOMVERT(Anzahl_Erfolge; Anzahl_Versuche; Erfolge_in_Gesamtheit; Größe_Gesamtheit)
(, falls sich jemand die unverschämten Preise von Microsoft nicht antun möchte.)
bzw. hat anschließend in folgendes verändert:
=HYPGEOMDIST(1;3;19;53)
Dein Beispiel hat mein Excel 2007(deutsch) garnicht übernommen sondern ging erst mit
=HYPGEOMVERT(1;3;19;60) , also ohne den Punkt in der Formel/Namen und ohne das lästige True/False am Ende.
Nun zur deiner netten Aufgabe:
Mein Lösungsversuch ist folgende:
=HYPGEOMDIST(1;3;19;53) , das ergibt den Wert: 0,4550072569 . Das ergibt also 45,5%ge Chance genau 1 Land zu ziehen.
(1-->Erfolg, 3 Karten sehen-->Ponder , 19 Länder noch im Deck,noch 53 Karten in Bibliothek)
ABER, man kann auch 2 Länder ziehen, also,
=HYPGEOMDIST(2;3;19;53) --> 24,8% hinzugerechnet und 3 Länder sind auch möglich mit einer Chance von 4,14% .
Macht also insgesamt zusammengerechnet eine Chance von 74,46% ...oder eine 25,54% Chance Manascrewed zu sein.
Warscheinlichkeiten machen nicht nur einen besseren Spieler, sondern auch den besseren Deckbuilder aus. Ein Klassiker ist da z.B. die Frage wieviele Kreaturen ich im Deck brauche um Collected Company anständig zu supporten. Oder ob neue Karten es Wert sind gespielt zu werden wie Reason // Believe (-->Antwort: sooooviele Fatties will man wirklich nicht im Deck haben).