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Wie tief kann man sinken? Mulligans richtig nehmen

Geschrieben von Barschrampe, 18. Oktober 2017 · 3.034 Aufrufe

Mulligans Statistik

Zufall gehört zu Magic. Ab dem Moment, wo ich das Deck vor dem Spiel mische, bin ich dem Zufall ausgeliefert. Aber die gute Nachricht ist: Ich habe als Spieler auch selber einen Einfluss auf meine Starthand... denn ich habe die Wahl, ob ich einen Mulligan nehmen will.

 

Durch Mulligans kann man ein Spiel stark positiv oder negativ beeinflussen, bevor es richtig begonnen hat. Daher möchte ich in drei Beispielen vorstellen, wie man typische Mulligan-Situationen - Manascrew, Manaflood und das Ziehen von Sideboard-Karten - statistisch verstehen kann.

 

Manascrew: Mulligan oder nicht?
Die folgende Situation kennt sicherlich jeder: Mein Deck braucht zwei Länder, um vernünftig in die Gänge zu kommen. Ich ziehe sieben Karten – und sehe nur ein einziges Land. Was jetzt? Mulligan oder nicht?

 

Fast jeder wird hier eine Bauchentscheidung treffen können. Aber was sagen eigentlich die Zahlen? Das hier sind die Wahrscheinlichkeiten, mindestens ein Land auf der Starthand zu haben:

 

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Und hier die Wahrscheinlichkeiten, zwei oder mehr Länder auf der Starthand zu haben.

 

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Mehr dazu, wie ihr mit der Funktion "Hypgeom.Dist" eure eigenen Wahrscheinlichkeitsberechnungen in Excel anstellen könnt, am Ende dieses Artikels!

 

Nehmen wir einmal an, ich spiele 19 Länder (eine in Legacy nicht unübliche Anzahl). Dann habe ich nur in 6% aller Fälle überhaupt kein Land auf der Starthand, aber zu 72% habe ich zwei oder mehr. Was geschieht jetzt, wenn ich einen Mulligan nehme? Meine Wahrscheinlichkeit, zwei oder mehr Länder zu ziehen, ist mit 63% gut. Und das Risiko, überhaupt kein Land zu ziehen, bleibt mit 9% recht gering.

 

Wenn es mir nur um Länder geht, dann sollte ich den Mulligan nehmen und finde zu zwei Dritteln mein zweites Land.

 

Natürlich geht es aber nicht nur um Länder. Und nicht alle Länder sind gleich. Es macht einen Unterschied, ob das einzige Land in meiner Hand ein Polluted Delta oder ein Wasteland ist, genau wie es einen Unterschied macht, ob meine restlichen Handkarten sechs Relentless Rats sind oder zwei Dark Ritual, zwei Lion’s Eye Diamond, Ad Nauseam und Infernal Tutor.

 

So oder so muss ich eines bedenken: Wenn ich einen Mulligan nehme, habe ich danach wahrscheinlich zwei Länder in der Hand, aber auch todsicher eine Karte weniger. Daher schauen wir uns doch einmal an, was es für unser Business bedeutet, wenn ich Mulligans nehme.

 

Manaflood: Mulligan oder nicht?
Für fast alle Legacy-Decks gilt: Je mehr Länder ich in der Hand habe, desto weniger Business habe ich. Meine Starthand muss also eine Balance treffen: genug Karten, um meinen Gameplan durchzuziehen – und genug Mana, sie auch bezahlen zu können. Was also, wenn ich zu viele Länder und zu wenig Business habe? Habe ich nach einem Mulligan wirklich mehr Business in der Hand?

 

Den folgenden Denkanstoß habe ich bei Firsttothirst geklaut: Nehmen wir einmal an, ich spiele ein Deck mit 19 Ländern. Ich ziehe 7 Karten - und 4 davon sind Länder. Das sind 2 mehr, als ich normalerweise haben möchte. Was jetzt? Mulligan oder nicht?

 

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Diese Tabelle zeigt meine Wahrscheinlichkeit, bei 19 Ländern im Deck genau eine bestimmte Anzahl (x) an Ländern zu ziehen. Was ich mit dem Mulligan erreichen will, sind genau 2 Länder und 4 Business-Spells. Was passiert, wenn ich den Mulligan nehme?

  • Zu 21% bleibt meine Hand so gut wie gleich, mit 3 Ländern und 3 Spells.
  • Zu 35% wird meine Hand besser, mit 2 Ländern und 4 Spells.
  • Zu 44% wird meine Hand schlechter, mit 0, 1, 4, 5 oder 6 Ländern.
Zuerst sieht der Mulligan hier negativ aus. Wir schielen allerdings nicht nur auf eine Verbesserung, sondern auf die kombinierte Wahrscheinlichkeit, gleichzubleiben oder sich zu verbessern. Rein statistisch gesprochen sieht es so aus, als wäre eine Hand mit 4 Ländern mit 56/44 ein knapper Mulligan.

 

Aber halt! Wir ziehen ja auch noch Karten und haben Scry 1, wenn wir einen Mulligan nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, in den obersten zwei Karten ein Land zu finden, ist bei 18 im Deck verbleibenden Ländern 51%. Damit verändert sich unsere Mulligan-Entscheidung:

  • Zu 21% bleibt meine Hand so gut wie gleich, mit 3 Ländern und 3 Spells.
  • Zu 49% wird meine Hand besser, mit 2 Ländern und 4 Spells oder 1 Land, 5 Spells und mindestens 1 weiterem Land unter den obersten 2 Karten.
  • Zu 30% wird meine Hand schlechter, mit 0, 4, 5 oder 6 Ländern oder 1 Land und keinem weiteren Land unter den obersten 2 Karten.
Jetzt sieht die Entscheidung mit 70/30 schon wesentlich eindeutiger aus. Wenn wir als erster Spieler ziehen, sehen wir die obersten 3 statt der obersten 2 Karten, was die Entscheidung sogar zu 74/26 pro Mulligan verschiebt.

 

Dieses Beispiel trifft auf die meisten Decks zu, ob Burn, Elfen, Delver oder Blade: Um überhaupt mitzuspielen, brauchen sie eine kritische Menge an Ländern und Karten. Aber was ist, wenn ich nicht viele Karten brauche – sondern nur die richtigen?

 

Sideboard: Mulligan oder nicht?
Storytime: Ich habe einmal einem Spieler auf einem norddeutschen Turnier dabei zugesehen, wie er gegen Dredge verzweifelt nach seinem einsamen Grafdigger's Cage gesucht hat. Er nimmt sieben - kein Cage. Sechs, fünf, vier, drei - immer noch nichts. Schließlich nimmt er zwei Karten und siehe da: ein Land und ein Grafdigger's Cage.

 

Alles nur Glück?

 

Sideboards können unser Matchup in Spiel 2 und 3 erheblich verbessern. Aber was, wenn man die gewünschte Sideboard-Karte nicht auf der Starthand hat? Wann lohnt sich ein Mulligan?

 

Zu erst einmal ist natürlich wichtig zu wissen, wie oft wir die gewünschte Karte im Deck haben - 1, 2, 3, oder 4 mal. Danach richtet unsere Wahrscheinlichkeit, mindestens ein Exemplar davon zu finden:

 

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Was geschieht jetzt, wenn ich solange Mulligans nehme, bis meine Karte erscheint? Hier sind die kumulierten Wahrscheinlichkeiten:

 

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Gemeinsam helfen uns diese beiden Tabellen zu verstehen, wie weit wir auf der Suche nach unseren Sideboardkarten gehen können.

 

Die Wahrscheinlichkeit, wie im genannten Beispiel durch Mulligan nach Mulligan tatsächlich eine einzige Karte zu finden, liegt also bei etwa 38%. Möchte ich noch ein Land dazu, liegt sie nur noch bei etwa 13%. Dazu gehört also schon einiges Glück! Aber unter Umständen ist zu 13% gewinnen immer noch besser als zu 100% verlieren...

 

Suche ich aber ohne Rücksicht auf Verluste eine von 4 Karten - beispielsweise eine Leyline of Sanctity gegen Storm - dann werde ich sie zu 79% mit einem Mulligan auf 4 finden. Ich kann also aggressiv Mulligans nehmen, ohne meine Hand automatisch zu ruinieren. Ab einem gewissen Punkt bringen weitere Mulligans aber kaum noch etwas. Wenn ich meine Leylines bei 4 Karten immer noch nicht gefunden habe, fördert der Mulligan bis auf 1 nur noch zu 34% eine Leyline zu Tage, von spielbaren sonstigen Karten ganz zu schweigen. In diesem Fall sollte ich vermutlich keinen aggressiven Mulligan mehr nehmen, sondern einfach spielen und hoffen.
Und wenn ich meine Sideboard-Karten habe, dann muss ich damit nur noch gewinnen. Aber das ist ja der einfache Teil, wie wir alle wissen... ;)

 

Exkurs: Wie funktioniert Hypgeom.Dist?

Spoiler

 

Fazit
Natürlich sind Mulligans nicht nur Statistik. Seine Hand korrekt einzuschätzen und einen Plan zu formulieren, wie man seine Karten in der Hand korrekt einsetzt, bleibt das A und O. Das "Bauchgefühl", über das ich oben gesprochen habe, ist ja die Summe aller Erfahrungen, welche Hände gut sind und welche nicht. Manchmal sollte eine Hand mit fünf Ländern vielleicht behalten werden, weil meine beiden anderen Karten einen klaren Gameplan anbieten. Manche Decks können komfortabel mit einem Land starten und darauf vertrauen, dass sie das zweite Land irgendwann schon nachziehen werden. Manchmal hat man perfekt seine Sideboard-Karten in der Hand und kann damit trotzdem nichts Produktives anstellen. Magic bleibt (zum Glück) Abwägungssache und der Zufall tut dazu nur seinen Teil.

 

Das bedeutet allerdings nicht, dass man die Statistik ignorieren sollte. Wer als Spieler besser werden will, sollte sich ein wenig mit dem Thema Mulligans befassen. Es ist einfach, "Pech" die Schuld an Niederlagen zu geben. Wer aber korrekt Mulligans nimmt, erhöht die Konstanz seines Decks. Also, wollt ihr weniger Manascrew? Wollt ihr öfter mitspielen? Wollt ihr öfter so wirken, als hättet ihr sauviel Glück mit euren Boardings? Dann beschäftigt euch mehr mit Mulligans!






Bei Google Docs(-tabellen) heisst der Befehl so:
HYPGEOMVERT(Anzahl_Erfolge; Anzahl_Versuche; Erfolge_in_Gesamtheit; Größe_Gesamtheit)
(, falls sich jemand die unverschämten Preise von Microsoft nicht antun möchte.)
bzw. hat anschließend in folgendes verändert:
=HYPGEOMDIST(1;3;19;53)

Dein Beispiel hat mein Excel 2007(deutsch) garnicht übernommen sondern ging erst mit
=HYPGEOMVERT(1;3;19;60) , also ohne den Punkt in der Formel/Namen und ohne das lästige True/False am Ende.

Nun zur deiner netten Aufgabe:
Mein Lösungsversuch ist folgende:
=HYPGEOMDIST(1;3;19;53) , das ergibt den Wert: 0,4550072569 . Das ergibt also 45,5%ge Chance genau 1 Land zu ziehen.
(1-->Erfolg, 3 Karten sehen-->Ponder , 19 Länder noch im Deck,noch 53 Karten in Bibliothek)
ABER, man kann auch 2 Länder ziehen, also,
=HYPGEOMDIST(2;3;19;53) --> 24,8% hinzugerechnet und 3 Länder sind auch möglich mit einer Chance von 4,14% .
Macht also insgesamt zusammengerechnet eine Chance von 74,46% ...oder eine 25,54% Chance Manascrewed zu sein.

Warscheinlichkeiten machen nicht nur einen besseren Spieler, sondern auch den besseren Deckbuilder aus. Ein Klassiker ist da z.B. die Frage wieviele Kreaturen ich im Deck brauche um Collected Company anständig zu supporten. Oder ob neue Karten es Wert sind gespielt zu werden wie Reason // Believe (-->Antwort: sooooviele Fatties will man wirklich nicht im Deck haben).

Danke für die Ergänzung! Ich habe natürlich nur mit der Excel-Version getestet, die ich hier herumliegen habe.

 

Wie mein Mathelehrer gesagt hätte: Das ist schon mal richtig, aber... woran müssen wir bei Ponder auch noch denken? ;)

Ach verflixxt. Hab den Card Draw am Ende unterschlagen, was natürlich immernoch das gesuchte Land hervorbringen kann.

 

Dann nochmal, für das Scry3 wäre es :  1-HYPGEOMVERT(0;3;19;53)  , was wieder 74,46% bringt.  (100% abgezogen durch den möglichen Erfolg)

Jetzt der Carddraw:  =HYPGEOMDIST(1;1;19;50)  -->1x Karte ziehen , kann 1x Erfolg zeigen, bei immernoch 19 Ländern, aber mittlerweile einer Masse von nur 50 (7 Card Cdraw + 3 wegge-"Scried") .
Macht nochmal eine Chance von 38% , also zusammengerechnet insgesamt 112,46% ?!?

Zusammenrechnen werde ich es aber nicht, da ich dann über 100% käme, und ich WEISS einfach, das man immernoch daneben greifen kann, also damit falsch wäre.

 

Also nächster Anlauf: 1-HYPGEOMVERT(0;4;19;53) --> 84% (3xScry + 1xDraw) . Klar kann man sich das Hirn zermattern, aber letztendlich bekommt man vier Karten zu Gesicht. Wenn man es wegen dem 3xScry darauf anlegt.

Dass Ponder nicht Scry 3 hat, weißt du aber? Wenn du dich entscheidest, die 3 wegzushufflen, kannst du sie im Draw dann trotzdem bekommen, da sie nicht unten im Deck sind, sondern an zufälligen Stellen.

Stimmt. Habs mir in meinem Kopf etwas vereinfacht, was so nicht ganz korrekt ist.

Also:

=1-HYPGEOMVERT(0;4;19;56)

Macht also eine Warscheinlichkeit von 82%

Frauke Huber
25. Okt 2017 13:22

[...] sondern an zufälligen Stellen.

 

Das ist so leider nicht richtig. Da du vorrangig Modernspieler bist, kannst du das nicht unbedingt wissen, aber der Pondershuffle legt in der Regel die Karte(n) aus dem Ponder die der Grund fuer's Mischen war(en) oben auf das Deck.

Och menno. Ja ich sehe das es gleich an meheren Stellen falsch ist.

Aber jetzt mag ich nicht mehr, um nicht auf die schnelle, wieder den nächsten Schusselfehler einzubauen . Ihr anderen dürft euch gern frei fühlen es besser zu machen ;-)

Besten Dank für deinen Blog! Als relativer Anfänger sehe ich Mulligans nochmal mit ganz anderen Augen und gehe bewusster ran. Hat echt was gebracht! VG!

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