(...) weil nach der Seite ja nunmal Phoenix das meistgespielte erfolgreiche Deck des Formats ist (...)
Da muss ich jetzt einmal etwas anmerken denn es gibt ein Problem mit dem Fett markierten Bereich, den man viele Personen immer wieder durcheinander werfen sieht, den es wohl unbedingt zu klären gilt:
Meistgespielt und erfolgreich haben nämlich erst einmal garnichts miteinander zu tun.
Korrelation, Kohärenz und Kausalität. Diese 3 werden bei Meta-Diskussionen viel zu häufig vergessen. Spielstärke eines Decks und die Häufigkeit mit der ein Deck zum Turnier mitgebracht wird (der Meta-Anteil) weisen idR. eine starke Korrelation auf, sind aber eben genau nicht Kohärent und nicht einmal Spielstärke hat einen kausalen Zusammenhang zum Meta-Anteil.
Und es gibt nicht DAS Meta, sondern es gibt EIN Meta, dass spezifisch für exakt das gerade stattfindenden Turnier gilt. Wenn wir von DEM Meta und nicht EINEM Meta reden, reden die meisten hier eigentlich nicht von einem Anteil des Decks an einem Turnier, sondern entweder von der Tendenz mit dem die Popularität eines Decks steigt oder von der Erwartungshaltung zur Popularität von Decks auf dem nächsten Turnier.
Der Fokus auf die Top8/16/32 spiegelt erst einmal nicht die Spielstärke eines Decks wieder, sondern die Popularität. Wenn sich unter den Top100 oder dem gesamten Meta 20% Phoenix befinden und unter den Top32 25%, dann reden wir hier in keinem Fall von Overperformance des Decks - denn wenn das Ausgangsmeta aus 20% Phoenix besteht ist erst einmal zu erwarten, dass in den Tops auch 20% Phoenix enthalten sind. Unter Einbezug der Varianz im Spiel ist eine Translation von 20% zu 25% nicht einmal ein Signifikanter Indikator.
Wenn wir hingegen davon reden, dass z.B. 5% Meta-Anteil Dredge 20% in den Tops enthalten sind, dann müssen wir annehmen, dass das Decks in der aktuellen Meta-Komposition einen Signifikanten Vorteil bietet. Dieser Vorteil hat nicht einmal Zwangsweise etwas mit der allgemeinen Spielstärke des Decks zu tun, sondern z.B. mit einem spezialisiertem Angriffswinkel in Bezug auf die gerade besonders populären Decks.
Gleichermaßen gilt das für ein Deck, dessen Meta-Anteil sich auf 20% beläuft aber nur zu 5% in die Tops konvertiert - Es kann - muss aber eben nicht - bedeuteten dass die Spielstärke des Decks zu gering ist, sondern kann ebenso bedeuten dass deren spezieller Angriffswinkel im Bezug auf die restlichen gerade besonders populären Decks gerade nicht von Vorteil ist.
Da wir nur eine Sicht auf die Tops besitzen, ist uns der Blick auf das Meta dieses Turnieres verwehrt - denn das Ergebnis lässt keine Rekonstruktion des tatsächlichen Metas zu. Man kann also nur mit 3 Annahmen arbeiten, wenn man einen Rückschluss aus den Tops auf das Meta ziehen will:
1. Spielstärke. Man geht davon aus, dass diese Decks in den Tops sind, weil Sie am meisten gewonnen haben. Das ist auch der einfachste Trugschluss dem die meisten unterliegen - denn nicht das Deck hat am meisten gewonnen, sondern der Spieler mit dem Deck. Während der GP-Gewinner auf jeden Fall eine 80% Winrate besitzen muss (weil er ansonsten nicht erster sein kann), kann das Deck durchaus eine reale Winrate von 45% besitzen wenn man die Quoten aller Spieler auf dem Deck mittelt. Denn mit höherer Popularität - also dem tatsächlichen Meta-Anteil des Decks - steigt die Chance für ein Deck mit selbst geringer Winrate in den Top8 zu landen drastisch an.
2. Opportunität. Ein Deck hat einen einzigartigen Angriffswinkel gegen andere Decks. Das Problem - dieser Angriffswinkel ist vielleicht der größte Faktor der Spielstärke des Decks, vielleicht sogar der Einzige. Vielleicht ist diese Opportunität nicht aus das Meta des Turnieres begrenzt - und kann nicht nur in wesentlich mehr Metas bestehen, sondern vielleicht sogar in einem Großteil, sodass es letztlich virtuell immer einen Vorteil besitzt - in diesem Fall ist Opportunität mit Spielstärke gleichzusetzen. Das kann der Fall sein - ist es aber, wie der stetig schleichende Wechsel von Decks die es in die Top8 schaffen zeigt - eher nicht die Regel.
3. Popularität. Simpel: Was viel gespielt wird - wird irgendwie auch in die Tops kommen.
Alle 3 Ansätze haben ihre Schwächen und in Wahrheit handelt es sich immer um eine Kombination aus allen 3 Annahmen, bei denen sich aber die Größe der Einflüsse nicht zuordnen lässt.
Ohne exakte Meta-Anteile und Top8 oder die Match-Ergebnisse der Pairings können die die Winraten der Decks und somit die absolute Position des Decks in einem beliebigen Meta nicht ermitteln.
Es können Decks existierten, die sich bisher niemals in den Top8 platzierten, aber dennoch wesentlich öfter gewinnen als andere Decks - Grundlagen und weitere Infos: So kann ein Spieler lange Zeit ein Deck mit einer 60-65% Winrate navigieren und unentdeckt bleiben, da er ziemlich Wahrscheinlich bei 10 Wins stehen bleibt. Im Kontext gesehen wäre eine 60%+ Winrate für ein Deck im Durchschnitt verdammt massiv.
Wer also nur in den Top8/16/32 und sogar 64 nach spiel-starken Decks sucht, kann in der Theorie sogar das stärkste Deck des Formates einfach übersehen und als Schund abtun.
Was meint ihr denn bitte weswegen Pros sich darauf verlassen in Teams alles zu Testen und viele PT's mit neuen Decks oder neuer Tech aufwarten?
Witziger Weise ist die neue Art, wie Decks unter MTGO veröffentlicht werden genau dem zuträglich - durch den Fokus auf unterschiedliche Decks zu setzen werden mehr Decks mit Potential enthüllt die von den Spielern aufgegriffen und verfeinert werden können - es bleiben insgesamt weniger Decks lange Zeit unentdeckt. Ein Parade-Beispiel war z.B. Mardu Pyromancer das genau diesen Weg gegangen ist und ohne MTGO wohl nicht als gutes Deck wahrgenomneb worden wäre.
Gleichermaßen ist Spielstärke in keinem Kausalzusammenhang mit Popularität - wie wir zuletzt bei KCI, aber auch schon in der Vergangenheit mit Amulet Bloom, Suicide Zoo und Bant Company (link aus Artikel) (die letzten beiden in Twin-Zeiten!) wie Dieser Artikel aus den Resten einer Zeit als wir noch alle Daten hatten bestätigt. Leider sind die Rohdaten auf denen dieser Artikel basiert nicht länger öffentlich zugänglich - obwohl die Standard-Auswertung aus dem vergangenen Standard noch gezeigt werden darf - von WotC unterbunden um Einfluss auf das aktuelle Modern zu minimieren.
Two decks posted a win percentage of over 57 percent over the course of nearly 1,2000 matches combined. The first is Bant Collected Company
(...)
The second is Suicide Zoo
Auch Witzig z.B: während ich selbst Suicide Zoo in Bottrop zu Twin-Zeiten als einziger spielte und häufig belächelt wurde, habe ich meinerseits Melira Company als Combo-Deck zwar ewig oft gesehen aber bin in meiner ganzen Spielzeit exakt 0 Bant Company mit Flickerwhisps und Geist begegnet.
In dem Sinne - die Art mit der viele Spieler auf die Top-Decks schauen begünstigt sogar Informations-Kaskaden in denen schlechte Decks viel und gute Decks wenig gespielt werden - und es ist nicht einmal Unbekannt bei Magic.
not-so-TLDR;
Bevor ihr euch also einfach weiter nur Auszüge von Turnier-Tops an den Kopf schmeißt, dann denkt doch bitte einmal nach, was für Daten ihr da benutzt und welche Implikationen diese besitzen.
Ja Phoenix ist stark, Opportun war es vielleicht zu Beginn einmal, und Populär ist es auf jeden Fall:
Lokal habe ich auf den letzten 4 FNM-Like Turnieren jedes mal mind. 2x ggn Phoenix gespielt - und viele spielen das Deck Budget-Like ohne Fetchies, Blood Moons und Surgicals weil man dann mit 400€ ein Deck hat, das nicht schnurgerade läuft wie Burn und 8-Whack, nicht so hart technisch ist wie Storm, aber das trotzdem gut funktioniert.
Der Sprung von Budget auf Non-Budget erfolgt selten über ein zweites Deck, sondern durch Upgrades im aktuellen Deck bei den Spielern die es betrifft - also wird die Menge der Spieler die sich dann bereiterklärt doch etwas mehr in Magic zu investieren auch auf diesem Deck ballen. Aber übermäßig viel gewonnen hat das Deck definitiv nicht.
Und auch wenn ich mit Arbaals Stellungsname Größtenteil einhergehe - unterscheidet sich meine Meinung dazu in dem Punkt, dass ich in dem Format sehr viel für gut spielbar halte - denn das Format wird meiner Meinung nach größtenteils von Popularität geprägt - was wiederum Opportunität zulässt - und das wiederum besagt, dass Decks mit Einzigartigen Strategien (und davon gibt es nun einmal viele) zu bestimmten Zeitpunkten davon profitieren können.
Das Bedeutet unweigerlich aber, dass diese Opportunität niemals lange bestehen bleibt - d.h. eben nicht man spielt ein Deck perfekt und gewinnt durchgehend - sondern man gewinnt, wenn die Zeit für das Deck gekommen ist. Die Abwesenheit dieser Opportunität macht das Deck nicht schlecht, sondern nur schlechter in in der aktuellen Meta-Komposition. Das Problem: Die Leute glauben, ihr Deck müsste durchgehend diesen Opportunitäts-Bonus besitzen. Dabei ist gerade dieser Aspekt wichtig, damit eben jeder mal glänzen kann.
Der Umkehrschluss ist natürlich, dass das Reiten von Hypewellen die beste Möglichkeit auf kontinuierlichen Erfolg verspricht - und das ist etwas, das die Top8 dann auch widerspiegeln - Die aktuelle Hype-Welle.
Die gelegentliche Frustration, dass euer Pet-Deck gerade jetzt nicht gut positioniert ist, gehört damit zum Format. Die einzige Alternative wäre, dass es niemals gut positioniert ist.
Und genau hier bietet Modern Horizons eine Chance - unterbinden, dass Decks niemals zu lange eine Nebenrolle spielen.
//Edit: Missverständliche Passage weniger missverständlich gemacht.
Bearbeitet von Genu, 04. März 2019 - 18:21.