Darf man fragen, was für eine "Religion oder Glaubensrichtung" das ist?
Ich bin (meines Zeichens) Christ.
Wenn diese dann eine Weltanschauung mir vorgibt, die sich nicht mit der, der Gesellschaft deckt, dann würde ich [...]das eine oder das andere kritisieren.
Aber muss ich das? Konzepte und Aussagen, die sich eigentlich widersprechen, können nachweislich beide richtig sein (Licht ist Welle und Teilchen zugleich after all).
Die Frage ist, kann man seine Glaubensgemeinschaft kritisieren oder ist das verboten?
Wir leben, soweit ich weiß, in einer Gesellschaft, in der grundsätzlich erstmal "jeder alles" kritisieren darf. Auch das mit den Verboten muss eventuell etwas vertieft werden: das Monopol, allgemeingültige Gebote und Verbote (in Form von Gesetzen) zu erteilen und durchzusetzen beansprucht der Staat allein für sich. "Gebote" und "Verbote" die aus anderen Quellen kommen, sind grundsätzlich erstmal freiwillig, man kann sie annehmen und umsetzen, oder auch nicht (i.e. man trifft bewusst eine Entscheidung). Speziell auf Homosexualität bezogen ist es ja so, dass es in Deutschland eine Passage im Grundgesetz gibt, die Diskriminierung aufgrund, von Hautfarbe, politischer oder religiöser Zugehörigkeit, sexueller Ausrichtung etc. verbietet. Ganz ohne Wertung ist das erstmal ein Gesetz - jeder, der hier leben will ist verpflichtet, sich daran zu halten. Außerhalb dieser Gesetze darf ich mir selbst letztendlich nach Lust und Laune weitere "Gebote" und "Verbote" auflegen oder auflegen lassen (solange sie nicht gegen die staatlichen Gesetze verstoßen, ansonsten ist man nämlich strafbar). Ich kann z.B. in einem antiken Buch "Du darfst nicht schwul sein" lesen und es für mich selbst als "Gebot" akzeptieren (oder auch ganz ohne Buch feststellen "So, lieber Hagen, ich würde sagen, ab jetzt darfst du nicht schwul sein"). Was ich nicht darf ist a) andere dazu zu zwingen, dieses "Gebot" ebenfalls zu akzeptieren und b) andere, die sich nicht an dieses "Gebot" halten, deswegen zu verurteilen und zu diskriminieren (weil es ja nur für mich selbst gilt, weil ich es selbst als mündiger Mensch so entschieden habe). Homosexualität an sich ist zwar keine Entscheidung, sie auszuleben (oder auch nicht) jedoch schon. Ich kann schließlich auch meiner Heterosexualität entsagen, wenn ich das will. "Gebote", "Verbote" und "Ansichten" außerhalb der vom Staat festgelegten, verpflichtenden Gesetze sind daher bestenfalls Richtlinien, die man annehmen oder ablehnen kann. Platt gesagt kann die (progressive) Gesellschaft sagen, dass ein homosexueller seine natürliche Sexualität annehmen und ausleben soll, während die Kirche sagen kann, dass er seine unnatürlichen Triebe gefälligst unterdrücken soll und beides ist letztendlich nur ein optionaler, unverbindlicher Vorschlag, den jedes Individuum freiwillig annehmen oder ablehnen darf, denn das Gesetz verbietet lediglich die Diskriminierung derer, die sich so oder so entschieden haben. Ich kenne btw den tatsächlichen, gegenwärtigen Standpunkt der Kirche zur Homosexualität nicht (weil es mich irgendwo nicht interessiert), aber rein logisch müsste er mit dem genannten Gesetz in irgendeiner Weise konform sein, sonst wäre die Kirche ja gesetzeswidrig (was sie meinem Kenntnisstand nach nicht ist). Und ja, diese Argumentation wird problematisch, wenn die Staatsmacht in der Hand einer einer sehr kleinen Personengruppe ist (oder gar einer einzigen Person), da diese dann die Macht haben Ihre Vorstellungen allen anderen aufzuzwingen (und in den Staaten, in denen solche Machtverhältnisse herrschen tun sie es nachweislich auch). Aber wir leben in einer Demokratie, in der die Staatsgewalt vom Volke ausgeht in Folge alle Gesetze vom Volk als Ganzes legitimiert werden und implizit ausschließlich in dessen Interesse sind. Etwas offtopic (bzw. anderes Topic), aber mir ist über die Jahre hinweg aufgefallen, dass auch Demokratien Politiker dazu tendieren, Politik nur im Sinne ihrer tatsächlichen Wählergruppe zu machen, und nicht im Sinne des ganzen Volkes. Trump z.B. (der Trump ist echt cool... so als Anschauungsbeispiel, nicht als Person oder Amtsträger) hat 4 Jahre lang (diplomatisch ausgedrückt) ausschließlich rechts-konservative Politik gemacht, wie schon erwähnt unter Vernachlässigung der Tatsache, dass sein Volk zu sehr großen Teil nicht aus rechtskonservativen Rechten besteht. Das führt auf lange Sicht zu tiefen gesellschaftlichen Spaltungen, Bildung von zunehmend radikalen Gruppierungen und Parallelgesellschaften auf allen beteiligten Seiten, und schlussendlich, im Extremfall, offenen Putschversuchen (alles gegenwärtig in den USA zu beobachten). Ob das von den "Machern" der Demokratie so gedacht war wage ich an dieser Stelle zu bezweifeln...
Ist es falsch homosexuell zu sein oder ist es falsch heterosexuell zu sein? Wieso sollte das überhaupt falsch sein?
Als Techniker kann ich sagen, dass es schon absolute, allgemeingültige Dinge/Gesetze/Aussagen gibt (die Energieerhaltung und die Impulserhaltung z.B). Ob es so etwas in nicht-technischen Bereich gibt, fehlt mir die Kompetenz zu beurteilen.
Volle Zustimmung, aber ein öffentliches Internetforum ist imho kein privates Umfeld mehr.
Twitter, Facebook, reddit etc tragen mittlerweile massiv zur Meinungsbildung bei, auch wenn random dude dort was schreibt. Deswegen sollte man das nicht als irgendwas abtun, was am Stammtisch daheim gesagt wird, sondern eher wie als wenn jemand etwas im Fernsehen oder Radio sagen würde.
Deshalb haben die Betreiber dieser Seiten meiner Meinung nach auch den gleichen redaktionellen Auftrag wie im herkömmlichen Rundfunk, und müssen entsprechende Dinge verantworten und moderieren. (Daher finde ich die "Zensur" Debatte, die gerade über Twitter geführt wird, auch komplett daneben)
Edit: Es ist aber auch kein öffentlich-rechtliches Umfeld, keiner von uns bekleidet irgendwelche Ämter mit Autorität und Verantwortung, ich jedenfalls nicht. Es ist eine (noch unregulierte) Grauzone, daher erlaube ich mir, dir zu widersprechen. Deinen Vergleich mit Radio und Fernsehen finde ich auch überzogen, im Bezug auf unser Forum zumindest, du tust ja förmlich so, als ob täglich Millionen von Menschen unser Forum frequentieren würden. Gleiches gilt für 99% der Subreddits (die halt so ~1000 Subscriber haben) und Twitter... ok, dazu mache ich keine Angabe. Adäquater wäre es zu sagen, es sei das gleiche wie sich mit dem Megafon auf die Straße stellen und irgendwelche Parolen posaunen (was, abhängig vom Inhalt der Parolen, auch schon eine Straftat sein kann). As is kann ich den Vorwurf der Zensur aber verstehen, selbst Twitter und Facebook haben ziemlich sicher nicht die Reichweite eines staatlichen Rundfunks.
Da Donald speziell ist nochmal ein anderes Thema, von ihm geht ja nachweislich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung aus... bei ihm speziell ist das Vorgehen gerechtfertigt und überfällig... aber grundsätzlich in Ordnung ist es mMn nicht.
Bearbeitet von Hagen_von_Tronje, 13. Januar 2021 - 13:30.