In der Statistik gibt es die Begriffe Haupteffekt und Interaktion. Die Interaktion zweier Einflussfaktoren kann signifikant sein, ohne dass es die Haupteffekte der einzelnen Faktoren sind, und umgekehrt.
Ich denke, gerade in einem Format, in dem jede Karte nur einmal gespielt werden darf, lässt sich diese Logik auch leicht auf Bannings anwenden. Oftmals werden Karten ja nicht gebannt, weil sie für sich gesehen alleine zu stark sind, sondern weil sie in Kombination mit bestimmten anderen Karten eine Endlosschleife o.ä. erzeugen.
Anders gesagt: Der Haupteffekt eines Painter's Servant auf ein Commander-Spiel ist relativ gering. Manche seiner Interaktionen bieten einfach nur Value, ohne das Spiel zu gewinnen, z.B. wenn man im mehrfarbigen Vampir-Deck (Edgar Markov o.ä.) "schwarz" sagt, und dadurch seinen Vampire Nocturnus online bringt, egal, was oben auf dem Deck liegt. Erst die konkrete Interaktion von Painter's Servant und Grindstone beendet das Spiel für einen Gegner pro Zug.
Die Denke ist jedoch stets bloß "solange beide legal sind, ist diese Kombo möglich, also stellt sich bloß die Frage, welchen Teil der Kombo bannen wir, um damit den geringsten Kollateralschaden an den übrigen Decks anzurichten?"
Dabei zeigt sich das Problem an dieser Denke recht exemplarisch an z.B. Leovold, Emissary of Trest.
Eigentlich ist das eine Karte, die großartig dazu benutzt werden könnte, das Spiel fairer zu machen. Nervt ein Gegner ständig damit, ob man für seine Rhystic Study bezahlen möchte? Zieht jemand alle Nase lang doppelt mit einer Consecrated Sphinx? Leovold könnte all dem einen Riegel vorschieben, und der Spieler, der ihn als "Polizisten" ausspielt, bekäme dann eben als "Belohnung" für sein Handeln noch die Upside heraus, dass er weiterhin Blue Sun's Zenith o.ä. spielen darf. Wenn ein Gegner das auch möchte, steht es ihm frei, Leovold zu entsorgen.
Leovolds zweite Fähigkeit dient eigentlich auch nur dazu, seinen Beherrscher vor Schäden zu schützen. Nach dem Motto "Wenn du meine Sachen mit irgendetwas anzielst, wirst du dafür bestraft, indem du mich Karten ziehen lässt", aber Leovold an sich zieht einem keine Karten.
Er wird eben erst in dem Moment absolut unfair und bannwürdig, sobald man ihn mit Windfall-Effekten kombiniert. Anstatt nur zu verhindern, dass ein Gegner das A-Loch spielt, das sich mit einer mächtigen Karte massiven Kartenvorteil erschleicht, geht man den Schritt weiter und gibt selbst das A-Loch. Anstatt nur zu verhindern, dass Gegner überschüssige Karten haben, verhindert man, dass sie überhaupt Karten haben. Anstatt nur zu verhindern, dass andere unfair spielen, spielt man selbst unfair.
Die Lösung wäre also einfach ein "conditional ban": Wenn man Leovold in seinem Deck hat, egal ob als Commander oder als 1 von 99, dann darf man keine Wheel-Effekte spielen. Kein Windfall, kein Time Reversal, kein Dark Deal, usw.
Natürlich würde es den Rahmen jeder Liste sprengen, wenn man an jede verfügbare Magic-Karte eine solche "conditional banlist" anfügt. Darum geht es mir hier auch gar nicht.
Es geht speziell um die Karten, die zum jetzigen Zeitpunkt bereits auf der Commander-Banlist stehen, und wie man für viele von diesen die Beschränkungen gezielt lockern könnte. Statt einem 100%-Bann von allem, was auf der Liste steht, würde man eben einfach für jede Karte auf der Liste konkrete Kartennamen anfügen, die nicht in Kombination mit dieser speziellen Karte gespielt werden dürfen.
Ich spiele das mal für ein paar andere gebannte Karten durch:
Emrakul, the Aeons Torn: kein Show and Tell, Sneak Attack, Goryo's Vengeance, Elvish Piper, Quicksilver Amulett
--> sind jetzt nur die, die mir direkt aus dem Kopf einfallen. Kurzum: kein Reinschummeln im gesamten Deck. Das kann das Deck sogar in Summe schwächen. Hardcasten ist okay. Wenn jemand wirklich so viel Mana zusammenbekommt, dann hat er es auch irgendwo verdient, so ein Viech spielen zu dürfen .
Dieselbe Logik würde ich auch auf Iona, Shield of Emeria anwenden, wobei hier alle Karten legal bleiben könnten, wo man die Kreatur am Ende saccen muss. Denn Iona muss ja im Spiel bleiben, um ihren Effekt zu entfalten, und nicht wie Emrakul einfach nur einen einzigen Angriff durchkriegen. Bei Iona also nur kein Show and Tell, Elvish Piper, Quicksilver Amulett etc. Und natürlich auch keine Kaalia of the Vast.
Griselbrand: kein Nourishing Shoal, kein Conflagrate
Natürlich kann man immer noch eine beliebige Menge Lebenspunkte in Griselbrand hineinstecken, um eine beliebige Menge Karten zu ziehen. Das Problem hat Necropotence aber auch, was weiterhin legal ist. Und Griselbrand hat dagegen die Schwäche, dass man es immer nur in 7er-Schritten dosieren kann, nicht stufenlos wie bei Yawgmoth's Bargain.
Alternativ kann man natürlich auch die Hausregel einführen, dass man ihn nur einmal pro Runde benutzen darf (Runde, nicht Zug!). Dann kann man ihm aber auch gleich gedanklich ein Tap-Symbol andichten, oder sagen Karakas kann keine Commander bouncen, sondern nur andere legendäre Kreaturen, etc., d.h. da wäre man dann im reinen Hausregel-Bereich, den man nicht mehr mit einer Banlist regeln kann.
Sway of the Stars: Hier hätten wir dann logischerweise einen Zirkelbezug - denn einer der Conditional Bannings von Sway wäre dann natürlich... na, mitgedacht? Genau, Leovold, Emissary of Trest!
Sylvan Primordial: keine Blink-Effekte. Das bedeutet dann natürlich auch, für bestimmte Commander wäre das Primordial off-limits, denn ein Commander wie Roon of the Hidden Realm ist ja auch ein Blink-Effekt "im Deck". Alle anderen, die das Primordial einfach nur einmal hardcasten, benutzen es mEn in völlig fairem Ausmaß.
Achtung: Das heißt nicht, dass man für jeden Commander eine separate Banlist erstellt, sondern nur für die Karten, die anderenfalls sowieso komplett auf der Banlist stünden, spezielle Commander benennt, mit denen man sie aufgrund der Effekte dieser Commander eben nicht spielen dürfte.
Sundering Titan: Hier wird es schwieriger, denn man müsste auf Blink-, Bounce- und Sac-Effekte verzichten. Genau das könnte aber auch eine interessante EInschränkung sein. Ist es einem die Karte wirklich noch wert, sie zu spielen, wenn man dafür im gesamten Deck keine Blink-, Bounce- und Sac-Effekte haben darf? Auf die Art und Weise könnte man eine Karte "regulieren", also weniger Anreize setzen, sie zu spielen, ohne sie gleich komplett zu bannen.
Versteht ihr, was ich meine? Natürlich wäre das komplexer als ein stumpfes, 100%iges Bannen einer bestimmten Karte, und bei manchen Karte würde die Liste der conditional bans wohl einfach so lang, dass es trotzdem nicht anders geht, als die Karte komplett gebannt zu lassen. (Tinker ="alle Artefakte mit CMC < X"? Oder Show and Tell = "alle permanents mit CMC > X"? )
Aber die Aufregung über bestimmte Bans kommt ja meistens daher, dass eine bestimmte Karte für eine Kombo gebannt wird, die die meisten Casual-Spieler in ihrem Deck gar nicht benutzen - meist, weil mindestens eines der Combo-Pieces für sie ohnehin zu teuer ist. All diese Spieler verstehen dann nicht, warum ihnen die Karte für Casual-Zwecke weggebannt wird, nur weil irgendwelche Spikes mit derselben Karte komplett "brokene" Sachen machen.
Dementsprechend könnten dann andere Karten, die jetzt entbannt sind, auch einfach auf dieser Conditional Banlist stehen bleiben, ohne dass sie dadurch Spielern, die mit ihnen brewen wollten, vorenthalten würden:
Protean Hulk: kein Flash, Through the Breach oder Sneak Attack
Painter's Servant: kein Grindstone
Und so weiter.
Zu naiv? Zu komplex? Als Hausregeln sollte sowas alle Mal funktionieren, da kann man ja wie oben erwähnt auch die Funktion bestimmter Karten komplett abwandeln. Aber mit Conditional Bans könnte man immer noch klare Ansagen an die gesamte Community machen, nur nicht im Sinne eines simplen "kein Painter's Servant", sondern eines leicht zu verstehenden Wenn-Dann-Satzes: "Wenn Painter's Servant, dann kein Grindstone".
So wären dann auch jedem die konkreten Kontexte und Situationen klar, die man verhindern möchte, anstatt dass sich der Großteil der Spieler bloß fragt, was da irgendeiner speziell in der Spielrunde des Commander Rules Committee gebaut hat, das eine Karte auf einmal zur carta-non-grata macht .
Bearbeitet von Strato Incendus, 11. Juli 2019 - 12:22.