Meiner Meinung nach ist es nicht der Fall, dass Magic seine Identität verliert. Nicht, dass es keine Gefahr gäbe. In dem Moment in dem man das Magic the Gathering Universum einfach einstellt und ersetzt durch eben Warhammer 40k oder in dem man die Tore öffnet für jedes Franchise, nicht im Sinne eigener Sets, sondern im Sinne dessen dass alles Lore-technisch vermischt wird, wäre die Identität in Gefahr bzw. schon verloren. Das kann ich bislang aber nicht sehen. Ich sehe dieselben Probleme wie NenntEuchNichtDauerndUum, was so Sachen wie Reprints oder kaputte Mechaniken angeht.
In den letzten 20+ Jahren bin ich immer wieder zu Magic zurückgekehrt und habe immer wieder ein Pack gekauft. Ich muss sagen, was das Gefühl angeht, ging da erst mal an und für sich kein Flair verloren. Die ganzen neuen/alten Welten die man die letzten Jahre besucht haben finde ich eine sehr gut wahrnehmbare eigene Identität. Als ich anfing war Magic für mich eher irgendein Fantasykram, nicht wirklich eigenständig. Wohlbemerkt, ich spreche von meinem Gefühl damals. Ich hatte damals weder das Geld tief einzutauche, geschweige denn die Möglichkeiten und Muse. Internet war da ja tatsächlich noch Neuland. Das nächste Mal als ich mit Magic in Kontakt kam war dann mit Kamigawa und ich würde sagen, mein Gefühl von damals entspricht sehr dem aus dieser Zeit.
Zuletzt erneut eingestiegen war ich mit Krieg der Funken. Witzigerweise empfinde ich genau diesen Teil am schwächsten von allem davor und danach (habe natürlich ein bisschen was aufgeholt). Vielleicht liegt es daran, dass ich mit den Planeswalkern nicht so groß geworden bin aber ausgerechnet Ravnica und der Bolas Konflikt dort hat mich überhaupt nicht abgeholt. Allgemein finde ich zuletzt die neuen Planeswalker (also wirklich neu, nicht nur neue Version) in Form von Teyo, Basri, Lukka und Niko nicht nur von den Namen her eher daneben. Bevorzuge aber auch nicht-menschliche (hi Oko.. oh, bye Oko)^^.
Mit der Entwicklung des Kartenspiels als solchen bzw. der Karten habe ich kein Problem. Ich begrüße viel mehr, dass man borderless gegangen ist, dass man mehr Artworks produziert, dass man die Art Frames in verschiedenen Stilen hat und persönlich hätte ich auch nichts dagegen, wenn man weg von Foils gehen würde und statt ihrer deutlich spezifischere Hilights setzen würde, statt tendentiell das ganze Bild mit einer Regenbogenfolie zu verdunkeln und das bei jeder Karte. Grundsätzlich begrüße ich das mehr an Optionen. Skredfox sprach das ja auch mit der Individualisierung an.
Wo es meiner Meinung nach hapert und ich glaube nicht nur meiner Meinung nach, ist das Storytelling. Einerseits ja, ich glaube tatsächlich daran sind viele nicht interessiert, jedenfalls nicht in der Form einen Haufen Text auf eine Webseite zu klatschen. Natürlich gab es da zuletzt diesen Versuch, wieder wie früher Bücher zu veröffentlichen aber dafür braucht man auch die entsprechenden Autoren und die Vision. Charaktere können nicht gestern noch eine Romanze haben und morgen plötzlich distanzierte Freunde sein. Also das können sie natürlich schon aber das muss man auch passend schreiben und begründen. Das Storytelling über die Karten ist meiner Meinung nach soweit in Ordnung. Nicht herausragend aber akzeptabel. In seiner Gesamtheit braucht es aber wohl ein richtiges Mastermind, das mal etwas zu Papier bringt wie eben Anno dazumals Urza und Co. Ich denke dafür müsste man sich allerdings auch des ganzen Kredos entledigen niemanden auf die Füße zu treten. Gutes Writing verträgt sich nicht unbedingt damit es jedem recht machen zu wollen. George R. R. Martin oben ist dafür ja auch ein schönes Beispiel. Das Meme ist da recht oberflächlich, wenn man sich Martins Werk mal ansieht und wie es immer noch wächst (na ja, zumindest in die Vergangenheit XD).
Dass man das MtG Format auf andere Franchises ausdehnt, empfinde ich als ziemlich in Ordnung. Ich verstehe die Sorge, genau wie bei dem Kartendesign, dass man eine einheitliche Struktur verliert, weil alles mit allem kombinierbar ist und man dann eben Gandalf mit einem Laserschwert ausstattet und in eine Enterprise steigen lässt um dann zehn Schaden am gegnerischen Hogwarts-Land zu machen, dass von Nissa zu einer Kreatur verwandelt wurde. Ich habe da auch bedenken aber ich weiß von anderen, dass ein Warhammer 40k Commander Deck sie wieder einsteigen lässt und darauf kann ich mich persönlich bspw. einfach nur freuen. Meine rote Linie ist da wie gesagt die Lore selber. D&D nehme ich da persönlich aus, da Magic und D&D sowieso so dicht beieinander sind und soviel teilen, dass ich mit der Integration tatsächlich kein Problem habe aber da hört es eben auch schon auf.
Was die Thematik der realen Vorbilder angeht, bin ich komplett anderer Meinung als The green one. Ich empfinde es als eine große Stärke von Magic, dass sie wie aktuell zwar etwas wie Harry Potter als Inspiration nehmen aber nicht direkt Harry Potter anbieten, sondern etwas eigenes kreieren. Mit der Übernahme ergibt sich halt das Problem mit der Lore, sowohl der von Magic als auch der der Vorlage. Man muss eben mit einem Mal anfangen sich an alles zu halten, Homer studieren oder die Edda, weil sich sonst Diskussionen über die Werktreue ergeben. Es ist quasi derselbe Grund weshalb man das Expanded Universe vor den neuen Star Wars Filmen rausgeschmissen hat, denn dies ermöglicht Freiheit, Kreativität, frische Ideen. Dank Planlosigkeit und genau dem Mangel an Kreativität und frischen Ideen, hat man bei Disney allerdings völlig versagt. Bei Magic kann ich das aber nicht sehen. Theros oder Kaldheim beziehen sich zwar auf unsere Mythen aber machen gar keine Anstalten sie 1:1 zu kopieren. Müssen sie auch nicht, weil der grundlegende Anspruch nicht existiert. Auf die Weise werden Magic neue, eigenständige Welten hinzugefügt und ich persönlich hoffe, dass es so weitergeht und ja, dass das auch mal wieder in SciFi-Gefilde geht und man vielleicht mal wieder sowas wie ein Stratadon sieht.
Ich mag Magics eigenen Spin. Gäbe es in Zukunft nur noch "Odyssee", "Midgard", "Harry Potter", "Warhammer 40k", "Lovecraft", "Shelly, Broker and Friends" und so weiter, dann wäre die Identität für mich auch tatsächlich weg. Aber so bin ich derzeit persönlich recht zufrieden und hoffe dass man diesen Balance-Akt schafft, Schwächen angeht und so Vorkomnisse wie beim Walking Dead Secret Lair vermeidet (okay, das ist wohl schon eher naiv als optimistisch^^).