Ah, DSA, die Qual jedes Rollenspielers...
Gut, warum DSA schlecht ist. Das ist eigentlich eine sehr einfach zu beantwortende Frage, weil es gefühlte 1 Millionen Punkte gibt, die dies belegen.
Dazu sei natürlich der benannte Erfahrungshorizont bekannt. Ich spiele DSA seit Erscheinen der Version 2. Dementsprechend blicke ich nun auf einige Jährchen Rollenspielerfahrung zurück. Dabei habe ich über 20 (kommerzielle) Systeme mindestens 2 Abende (aber auch die wenigsten länger, weil die meisten eben sch**** sind), vermutlich nochmal soviele angespielt. Das heißt, ich weiß, wie Alternativen aussehen
.
Bezüglich DSA zitiere ich gerne einen Kommentar, der mal in einem Workshop auf der Feencon mit Thomas Römer (einem der 3 Entwickler und mittlerweile so mehr oder weniger Community-Papa von DSA) gefallen ist: DSA ist eigentlich ganz gut, wenn man den Hintergrund etwas anpasst und die Regeln neu schreibt.
Ok, nach Einleitungsgeplänkel etwas Gliederung:
Das SystemDas System von DSA ist denkbar einfach. Man würfelt 3 W20, verteilt seinen Fertigkeitenwert, verrechnet Boni und Mali und muss damit mit allen 3 Würfeln einen bestimmten Wert unterschreiten...
Äh nein, man würfelt einen W20 und muss damit einen Wert unterschreiten... aber das nur im Kampf...
Völliger Blödsinn, man errechnet sich aus seinen Werten einen Metawert und geht damit wie bei 1 vor...
jaja, das ist herzlich einfach. Einfach einen einheitlichen Würfelwurf für alles wäre ja auch zuviel verlangt gewesen. Dazu gibt es noch Versionsübergreifende Verwirrung: Während man in DSA 3 noch den Malus auf EINEM seiner Würfe addierte, muss dieser bei 4.1 (4.0 ignorier ich als zwischendurch-Version mal) auf alle addiert werden... naja, das macht ja auch viel mehr Sinn. Und ist Einsteigerfreundlich.
Ohne Ironie: Das System von DSA ist, noch völlig gelöst von Balancing, einfach sehr verwirrend. Mal würfelt man W6, mal W20, mal einen, mal drei Würfel. Manchmal wird auch der W3 an völlig willkürlichen Stellen eingesetzt. Oder W3-1. Die Nachteile liegen auf der Hand: Es gibt verschiedene Probenarten, es gibt verschiedene Erfolgsbedingungen (naja, logische Folge) und es ist furchtbar schwer zu lernen, wenn man Rollenspiel nicht kennt.
Die Grenzen der Werte folgen keinerlei intuitiver Angabe (TaW maximal 3 über dem höchsten beteiligten Attribut, bei Kampf-Talenten maximal 3 über GE oder KK, je nachdem, was höher ist... hauptsache intuitiv, wa?). Die Skalierung spricht bei einem Wert von 6 bereits von einem patenten Kerl, 12 ist irgendwo der Meister. Bei leicht überdurchschnittlichen Attributen ist die Erfolgsaussicht jedoch alles andere als meisterhaft... dafür kann man dann aber meisterliches Werkzeug benutzen, was einem etwa 2 Jahre lernen erspart...
Das ganze System ist Kraut und Rüben, es gibt kein Leitkonzept, es gibt keine Skalierung, es gibt eigentlich überhaupt nichts außer einer wilden Ansammlung von Spielerwünschen, Tradition und den lustigen Drogeneinfällen des Entwicklerteams. Die Regeln sind in unnötig vielen Büchern quer aufgelistet, wobei mehr als die Hälfte optional ist, wodurch sich jeder Spielleiter sein eigenes, unbalanced&complicated-System selbst zusammenbasteln kann.
Vom Kampf-Balancing muss man gar nicht reden. Mit TaW Schwerter 21 bin ich ein Avatargleicher Kämpfer. Wenn ich allerdings einen Säbel (1W+3) in den Flossen halte und keine Sonderfertigkeiten habe, habe ich kaum eine Chance, durch eine gemütliche Garether Platte mit Schaller durchzudringen (RS 9), wenn ich keine Sonderfertigkeiten habe. Dass die beste Waffenkombination der Zweihandhammer (ab KK16 einhändig!) mit Buckler ist, ist ja nur ein schlechter Scherz... dazu kann man eine Hexe spielen, die ihren Hartholzharnisch mit der Hexensalbe bestrichen hat...
Die übliche Ausrede der DSA-Befürworter ist dabei ja: Naja, man MUSS es ja nicht tun. Aber sind wir mal ehrlich: Man MUSS auch nicht mehr als 10 Länder in einem normalen Constructed-Deck spielen. Aber man ist in der Regel ziemlich bescheuert, wenn man's nicht tut. Und sobald man weiß, dass es einfach besser ist, es zu tun, dann tut man es halt. Grenzen sollte das System vorgeben, sonst hat es versagt!
Gehen wir nun mal weg vom Kampf. Betrachten wir soziale Aspekte. Was kann so ein Charakter wollen:
Einschüchtern - TaW Überreden.
Argumentieren - TaW Überreden.
Verhandeln - TaW Überreden.
Lügen - TaW Überreden.
Beliebige Sozialprobe außer Verführen - TaW Überreden.
Ein beschissenes B-Talent für alle Sozialproben? Es gibt ein B-Talent für Ackerbau! Wo ist das denn noch in irgendeiner Weise nachvollziehbar???
Analog kann man die Sonderfertigkeiten betrachten: Wieso ist ein Mist wie Rosstäuscher 400 AP wert, während man für diesen AP-Betrag bereits 3 oder 4 Sprachen flüssig lernen kann? Das ist weder balancing noch realistischer Lernaufwand, das ist Zeugnis des Design-Versagens und nichts weiter!
Die CharaktererschaffungAufzeigen, wer hat mal ohne Computer einen DSA-Charakter erstellt, und dafür weniger als 2 Stunden gebraucht? Und wer hat es mit einem Neuling unter 4 Stunden geschafft? Es geht nicht um Hintergrund oder so, es geht schlicht darum, einen Charakter zu bauen. Man braucht nur 1 Buch - Wege der Helden! Wee!... naja, und noch Wege des Schwertes, wenn man kämpfen will. Und Wege der Magie, wenn man zaubern will. Und Wege der Götter, wenn man Religion nicht völlig improvisieren will... und... ach, kauf dir am besten alle Bücher!
Ok, ausgestattet mit einem Riesen Wust Büchern, die schlechter sortiert sind als das Kinderzimmer eines 8-jährigen Schulschwänzers, kann man nun frisch ans Werk gehen. Ein Mensch, der sich auskennt, weiß so ungefähr, in welcher Reihenfolge man vorgehen muss und wo man Dinge findet - Rasse, Kultur, Profession, Talente, bla. Ein Neuling ist völlig - VÖLLIG! aufgeschmissen. Die wenigen Seitenverweise, die es gibt, sind größtenteils einfach falsch, die AP-Tabelle ist bis zur zweiten Auflage von 4.1 noch in KEINER Publikation korrekt gedruckt gewesen... beste vorraussetzungen, einen Charakter zu erschaffen.
Das Balancing ist natürlich auch für den ungeübten leicht zu verstehen. Wer einen Krieger von einer Kriegerakademie spielt, ist ein besserer Kämpfer als jeder, der eben keine Akademie besucht hat. Dann steigert man noch schön seine Schwerter auf 14 oder so und ist die Sau vom Dienst... oder man begegnet eben dem Scharlatan, der durch Kenntnis der Breitgefächerten Bildung und der richtigen Sonderfertigkeiten gegen dich nur würfeln muss, um festzustellen, ob er patzt. Naja, auch ein Startcharakter. Ist ja alles balanced.
Das Erstellen eines starken DSA-Charakters ist ausschließlich von der Erfahrung des Erstellers abhängig, so gut wie überhaupt nicht von der intuitiven Steigerungsweise. Stupide den TAW Schwerter hochzupumpen ist der offensichtlichste Weg - und der schlechteste, wenn man irgendwann mal was können will. Aber woher weiß man das?
Selbst hintergrundtreue Charaktere, die nicht als Moha-Säugling von horasischem Adel adoptiert wurden, um maximale Boni rauszuholen, sind die Unterschiede in der tatsächlichen Kampfstärke der Charaktere erschreckend weit auseinander.
Dass natürlich Maraskaner einfach in allem, was sie machen, besser sind als andere, fällt kaum noch ins Gewicht...
So, nachdem unser Imba-Char steht, brauchen wir noch Nachteile. Man kann locker flockig alle 50 GP ausreizen, ohne einen einzigen regeltechnischen Nachteil zu haben! Man nimmt lauter nette Dinge wie vergesslich oder einäugig (wenn man nicht gerade Fernkämpfer ist), dazu ein paar nette Ängste (naja, der Chara kann dann eben das Abenteuer in der Spinnenhöhle einfach nicht mitspielen. Spielen wir halt n anderes Abenteuer!). Als Magier hat man natürlich ohnehin gewonnen, man packt sich mit Unfähigkeiten voll, denn im Prinzip kann ein Magier eh nur so 5-10 Sprüche sinnig wirken. Juhu, Gratis-GP!
Die ganze Genese ist ein einziger Witz und hat keinen anderen Sinn als den, richtig tief eingesessenen N3rds ihre nicht vorhandene Coolness zu beweisen, wenn sie noch ein weiteres Pünktchen AT aus den Regeln schlagen können.
Der HintergrundOk, es ist viel. Es ist alles, um genau zu sein. Vom wilden Urvolk (Mohas, Ferkinas, ...) über Hochmittelalter (Mittelreich, evtl. Thorwal, Andergast die Gegend...) bis hin zur Renaissance (Horasreich) ist alles vertreten. Es gibt Eisgebirge, Wüsten, orientalische Städte, Zyklopeninseln... es gibt, kurz gesagt, alles, was irgendwie irgendwo in einem Fantasy-Setting unterzubringen ist. Auf einem der großartigen Thomas-Römer-Workshops wurde das auch einmal erläutert: Aventurien soll alle Möglichkeiten der High-Fantasy abdecken. Bis auf ein kleines Gebiet nördlich Al'Anfas, da ist extra nix erfunden worden. Das ist ein Gebiet von etwa 2x2 Tagesreisen, in denen die Spielleiter sich frei austoben können und sich irgendwas überlegen. So ist jeder glücklich.
Denkste!
Der Hintergrund ist derart gepresst, dass er, bei aller bewundernswerten Vielfalt, zwei überragende Fehler hat:
- Er ist unrealistisch (Wenn ein Volk bereits Repetierarmbrüste hat, während die anderen es noch als hohe Wissenschaft bezeichnen, mit Schwertern aufeinander einzukloppen - wieso haben die mit Repetierarmbrüsten noch nicht ganz Aventurien erobert?).
- Er ist unflexibel.
Während man den ersten Punkt noch als Zugeständnis an die Möglichkeiten geschickt umspielen kann, ist der zweite um so schlimmer. Je besser sich die spieler mit der DSA-Geschichte auskennen, desto weniger kann man eigene Erfindungen einbringen. Ich hatte es selbst erlebt, als ich einmal einen Herrschernamen für Gareth erfunden hatte, und einer der Spieler aus dem Kopf! Genau wusste, welche Priesterkönige (das war ein knappes Dutzend) zu der fraglichen Zeit an der Macht war - und daraus geschlossen hat, dass der Informant mit meinem Herrschernamen ja lügt, da die Geschichte offensichtlich eine andere war. Man KANN sich als SL überhaupt nichts ausdenken, ohne dem Hintergrund zu widersprechen. Jetzt kann man natürlich sagen, dass man da auch getrost was ignorieren kann... "Wenn man den Hintergrund etwas anpasst..." - Man ignoriert einfach bewusst die Vorgabe, um was eigenes zu benutzen. Da kann man sich doch auch direkt was eigenes ausdenken, dann gibt's wenigstens keine Unstimmigkeiten.
Dass letztendlich die Regionalboxen, in denen sogar Volkstänze und Gerichte beschrieben werden, pure Geldschinderei sind, sollte jedem Kleinkind klar sein!
Die CommunityOh weh, DSA-Spieler. Ein Rollenspiel ohne W20 ist für sie ja schonmal kein solches. Nicht aus Bosheit- meistens können sie es sich einfach nicht vorstellen. Und dass es möglich ist, sich in 10 Minuten einen Charakter vollständig auszuarbeiten, OHNE ein Eingeständnis an mangelnde Möglichkeiten zu machen, das glauben sie erst recht nicht - wenn das ginge, warum wäre DSA dann so kompliziert?
DSA ist unter "eingefleischten" Rollenspielern natürlich überhaupt keine Frage mehr. Sobald man mal irgendein anderes Spiel bei einem mittelmäßig qualifizierten SL gespielt hat, will man DSA mit dem Arsch nicht mehr ansehen. Obwohl man natürlich gewisse Eingeständnisse machen muss! Es ist deutsch, und jeder (in entsprechendem Kreis) hat es schonmal gespielt. Wenn man spontan was leiten will - einen DSA-Charakter hat jeder. Und keine Con, auf der sich nicht irgendwann irgendwo die kleinen Grüppchen hinsetzen, um ihre Charaktere (unter haarsträubenden Begründungen) durch Bornland, Echsensümpfe und die Gassen von Al'Anfa zu lenken.
DSA ist einfach da. Es ist so selbstverständlich, wie wir Papiertaschentücher Tempos nennen. Es ist so selbstverständlich, wie google als Suchmaschine zu benutzen. Es hat jeder, es kennt jeder, es ist scheiße, aber man nimmt es.
Und Ulysses weiß das (das ist der DSA-Verlag). Ulysses hält sich riesige Kundenstämme, indem sie diesen Kunden das Gefühl geben, was besonderes zu sein. Nicht durch großartigen Service, sondern durch "Supporter-Runden" (Das sind Runden, in denen jemand Spielleiter ist, den Ulysses ohne irgendeine Qualifikation o.ä. zum Supporter ernannt hat... völlig willkürlich also
). Menschen, die erfolgreich für andere Systeme begeistern können, werden natürlich sehr schnell in die Riegen der Supporter aufgenommen, und selbst die Urgesteine der Szene (wie z.B. die DORP, die ich mehr oder weniger glücklicherweise überwiegend persönlich kenne) kommen nicht umhin, sich regelmäßig mit Rezensionen und Entwicklungsberichten aus dem Hause Ulysses herumzuschlagen. DSA ist einfach das Monopol.
Verfügbares MaterialNaja, was gibt es nicht alles für DSA. Abenteuer, Romane, Solo-Abenteuer, Regionalbände, Miniaturen, den aventurischen Boten, massenweise Internet-Newsletter... blabla. Natürlich muss man da keinerlei Konsistenz erwarten, so hat Bethana innerhalb der Veröffentlichungen des Jahrens 2007 beispielsweise 10 verschiedene Bürgermeister gehabt. Für einige 1000-Seelen-Städchen sind über 1500 Einwohner namentlich bekannt, und dazu kommen natürlich noch die namenlosen Penner, Bettler und die Heere von Bauern, die das Städchen ernähren.
Der Hintergrund, der mit den Grund-Werken ja nur unübersichtlich und unlogisch ist, wird mit genügend Erweiterungen höchst widersprüchlich.
Abenteuer folgen keinerlei sinnvoller Wertabstufung. Ich kann lässig eine Gruppe von 5 Start-Charakteren bauen, die JEDES vorgefertigte Abenteuer ohne wirkliche Gefahr für Leib und Leben absolvieren... naja, bis eben auf diese Abenteuer, in denen die Orks auf einmal einhändige Waffen mit 2W+4 oder RS 8 mit einem Kettenhemd erreichen... oder in denen "Der Fels erdrückt dich" eher eine Standartformulierung ist. Falls irgendjemand noch an Qualitätskontrolle bei DSA-Veröffentlichungen glaubt, sollte er sich einfach mal die 3 aktuellsten Abenteuer für eine beliebige Stufe besorgen (bzw. neuerdings ist das ja nur noch mit Erfahren etc abgekürzt) und die Werte der "gefährlichen" Gegner angucken.
Oder, weil's einfacher ist, eine beliebige Seite eines Regelwerks aufschlagen und Rechtschreibfehler zählen
Was sonst?Ok, DSA ist scheiße, das ist jetzt ausführlichst dargelegt worden. Aber was will man sonst spielen, wenn man noch an Mitspieler glaubt?
In der Tat gibt es einen neuen Stern am Rollenspielhimmel: Savage Worlds. Dieses kleine, praktische Spielchen kommt mit 200 Seiten Regeln aus und erlaubt es, in jeder beliebigen Welt zu spielen - es gibt sogar Szenarien, in denen man Urschleim verkörpert
. Savage Worlds ist einfacher und schneller als DSA. ES hat viele Nachteile (und ich persönlich kann es auch überhaupt nicht leiden), aber es hat eben auch Community und verglichen mit DSA ist es das Gottspiel schlecht hin. Man kann sogar Savage Worlds in Aventurien spielen, ergo: Warum sich noch mit DSA-Regeln herumschlagen?
Savage Worlds ist in 30 Minuten erklärt, 15 Minuten später ist der Charakter fertig, und dann go.
Wenn einen das nicht reizt und man doch lieber ausführlichere Spiele will, gibt es mit Song of Ice and Fire oder Earthdawn noch weitere, recht beliebte High-Fantasy-Spiele.
Wenn man eh nur ein gut gebalanctes Kampfspiel haben will, ist Dungeons&Dragons4 uneingeschränkt empfehlenswert. Die englischen Publikationen sind die konkurrenzlos schönsten und übersichtlichsten Bücher, die ich in Puncto Rollenspiel jemals in den Fingern hatte (und das sind wohl mittlerweile mehrere Hundert bei mir
), und seit ein paar Monaten rollen auch die deutschen Publikationen in vergleichbarer Qualität in die deutschen Läden ein. Für Charakterplay ist es ähnlich geeignet wie DSA, für den Kampf unendlich überlegen.
Weitere Quasi-Standard-Spiele mit großer Community sind Shadowrun (ein Cyberpunk/Urban Fantasy System) und natürlich die World of Darkness (besonders bekannt durch Changeling und Vampire, eher Dark Fantasy im Stil des Films Underworld), beide übrigens von den gleichen Entwicklern und, wenn man vom Unterschied W6 <=> W10 absieht, erstaunlich ähnlich.
Ich persönlich werde immer dazu raten, Homebrew-Systeme zu spielen (meins ist selbstverständlich das beste
). Meist ist schnell erkennbar, welche Spielweise der Autor beabsichtigt, und ohne Interesse, ein Mainstream-Publikum zu erreichen, sind diese Systeme immer genau das, was man braucht, und auch kein bisschen mehr.
Und wie seh ich die Sache?Zuletzt will ich noch kurz ein paar Worte zu meiner Auffassung von Rollenspiel sagen. Dies finde ich wichtig, da meine bisherigen Worte alle auf dieser Auffassung basieren. Wer Rollenspiel grundsätzlich anders angeht, für den hat meine Meinung natürlich wenig Wert.
Rollenspiel ist für mich mittlerweile das No1 Hobby (ja, vor Magic
). Zu Hochzeiten habe ich in der Woche 20 und mehr Stunden gespielt (mittlerweile zolle ich da meinem Job und meinem Studium etwas Tribut...). Dementsprechend verwende ich viel Zeit in Vor- und Nachbereitung, sowohl als SL (was ich sehr häufig bin) als auch als Spieler.
Ich achte dabei besonders darauf, den Hintergrund stimmig zu halten. Ob ich nun einen nerdigen Hacker in Shadowrun, einen verrückten Shugenja in Legend of the five Rings oder einen Frauenumwerbenden Scharlatan in DSA spiele, mein Charakter soll immer perfekt in die Welt passen. Meist gibt es einen umfangreichen Familienstammbaum, eine detaillierte Geschichte, Profile von Freunden und Widersachern, nicht selten sogar Grundrisse der Wohnung und ähnliches. Rollenspiel, bei dem das nicht gefragt wird, spiele ich meist nur, um mir neue Systeme anzugucken, besonders viel Spaß hab ich dabei nicht.
Als Spielleiter halte ich es ähnlich. Wenn meine Charaktere in einer Hafenstadt sind, dann will ich das so genau in ihre Köpfe projizieren, dass sie das Meersalz auf der Zunge schmecken. Ich bin nie darum verlegen, dass einer meiner NSC eine Antwort auf Fragen wie "wo wohnst du eigentlich?", "Hast du auch Verwandte?" oder "wann hattest du das letzte Mal Sex?". Meine NSC sind meist ebenfalls extrem detailliert ausgearbeitet, ebenso wie deren Umgebung. Übrigens sind etwa 95% meiner Ausarbeitungen für'n Arsch, da die Spieler sowas nie fragen. Aber WENN... MUHAHA!
Im Spielen könnte man mich, denke ich, durchaus als Hartwurst bezeichnen. Ich will den Alltag der Figur kennen, um sie dann aus diesem rauszureißen - ein tragischer Held, der nur existiert, um ein tragischer Held zu sein, ist imho eine Parodie, kein Charakter. Und um tragisch zu sein, braucht der Held eben etwas, was er verlieren kann. Und diesen Verlust soll der Spieler auch als solchen empfinden...
Ich weiß nicht, wie gut es mir gelingt, diese Athmosphäre zu verbreiten. Ich glaube, ich bin ein wesentlich besserer SL als Spieler, und ich leite auch lieber. Dementsprechend ist es mir immer wichtig, alle Regeln zu kennen - ich hasse es, wenn eine Situation plötzlich abstrakt wird, weil man das Buch rauskramen und die Regeln nachschlagen muss. Spieler, die Regeldiskussionen anfangen, verbanne ich schnell von meinem Tisch, ich bin gerne bereits, die Regeln mal zugunsten der Spieler zu tweaken, aber verlange eben auch, dass diese sich nicht beschweren, wenn es andersrum passiert.
Plots und Metaplots liebe ich unbestimmt. Am liebsten habe ich Sandboxes, als Umgebungen ohne vorgeschriebene Handlung. Plot ergibt sich meist aus der Reaktion der Umgebung auf die SCs, nur in seltensten Fällen gebe ich mal einen Anstoß in Form eines vermeintlichen Zufalls. Vorgefertigte Abenteuer lese ich zwar noch gern, um mich inspirieren zu lassen, aber beim Leiten hatte ich seit über 5 Jahren keines mehr in den Fingern.
Letztendlich geht es mir darum, eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte ist für mich dann interessant, wenn niemand, nichtmal der SL, den Ausgang kennt. Regeln müssen diese Geschichte unterstützen, sie müssen Antworten liefern, dürfen aber gleichzeitig nicht stören. Ich bin kein Freund minimalistischer Systeme, und noch weniger kann ich diese neuen Indi-Spiele leiden, bei denen um's Erzählrecht gewürfelt wird. Das System muss möglichst umfassend sein und darf auch gerne etwas komplexer werden, aber es muss für Einsteiger transparent sein und darf niemals den Spielfluss hemmen. Und gerade diese Eigenschaften hat DSA nunmal überhaupt nicht!