Erster! ... oder: The State of Design
Zu mir, erstmal. Mein Name ist Christian, ich bin Student und wohne im gerne-darauf-hinabgesehenen Gelsenkirchen, der Stadt mit den wohl penetrantesten Fußballfans Deutschlands. Ich beschäftige mich Magictechnisch vor allem mit Eternalformaten, speziell Legacy und Commander. Decks bauen, Decks ausprobieren, Turniere spielen, mit Kollegen trashtalken, ihr kennt den ganzen Scheiß bestimmt.
Worüber ich heute bloggen will hat jedoch erstmal nichts mit Eternal zu tun. Turnierberichte wird's hier bestimmt auch geben, genau wie Deckbesprechungen und Geschichten von den wöchentlichen Commander-Schlachten. Aber heute nicht. Heute ist RANT.
Und zwar geht es um eine Sache, die mich an Magic immer begeistert hat. Früher, als man als Kind angefangen hat Pappkarten zu drehen, waren natürlich die Fantasybilder das beste daran. Und diese waren zu meinen Beginnerzeiten (mit Tempest- und Urzablock) auch wirklich ziemlich gut. Ich rede hier von Evergreens wie Rancor, Morphling, Lotus Petal oder Aluren. Dazu kam, dass diese Karten alle Sachen machten, deren Implikationen man garnicht alle überblicken konnte. Was mich zum Kern meines Rants bringt: "Damals" waren diese Karten unglaublich "neu", sie machten Dinge die man als Anfänger so garnicht kannte und gaben dem Spiel sowohl eine spielerische als auch eine storytechnische Tiefe. Man musste ja auch wissen, was da in dem magischen Hain passierte, oder wieso der grüne Zorn für die Leute aus dem Yavimayawald (wer zur Hölle ist eigentlich Yavimaya?) so wichtig war, dass er nicht aufhören durfte. Dementsprechend reimte man sich anhand von Flavortexten und dem bisschen was man aus dem Internet erfahren konnte zusammen, welch epische Hintergrundgeschichte die Karten erzählten. Natürlich war damals auch alles noch ein wenig "kleiner" und weniger "genetdeckt". Und alles war geil, bis Maskenblock kam und das Kartendrehen mit den Nachbarskindern auch aufhörte.
Flash Forward, wir schreiben das Jahr 2011. Mit einem ziemlich soliden Überblick über die letzten 10 Jahre Magic fallen mir heute einige Dinge an aktuellen Magicdesigns auf. Vielleicht disqualifiziere ich mich damit jetzt, aber sei es drum:
Aktuelles Magicdesign ist BLÖD.
Nun, ich würde das jetzt natürlich nicht ohne Untermauerung stehen lassen. Worauf ich hinaus will ist folgendes: Die Designs sind, bis auf wenige Ausnahmen, sehr langweilig. Das gründet sich auf mehrere Dinge.
1. Kreaturentypen
Wer zur Hölle hat bitte damit angefangen, Farben bestimmte "Standard"kreaturentypen zuzuweisen? Mindestens 66% aller kleinen blauen Kreaturen ist heute ein Merfolk. Praktisch 100% aller großen roten Kreaturen sind Drachen. Genauso sind praktisch alle großen schwarzen Kreaturen Dämonen. Nicht dass das keine farblich passenden Kreaturentypen wären, aber es hängt mir zum Hals heraus. Warum, verdammte Axt nochmal, muss jedes verdammte Set mindestens einen großen Drachen haben? Warum gibt es diese kleinen §%&§$/)$% Elfen auf jeder Gottverdammten Plane im Multiversum? Ernsthaft, ich wünsche mir mittlerweile eine Reise nach Bizarro-Lorwyn wo nicht die Elfen die Nazis sind, sondern selbst weggeholocausted werden. Ja, ich wünsche mir auch Homariden, Horrors als Tribe und Viashinos als kleine rote Kreaturen. Pustekuchen, alles was wir haben sind Merfolk, Zombie und Goblin. Artenvielfalt wird bei WotC offenbar klein geschrieben.
2. Setmechaniken
Über die Mechaniken selbst will ich garnicht meckern. Infect ist sowohl storytechnisch nötig als auch lange überfällig als erste sinnvolle Inkarnation von Poison. Landfall war nett, wenn auch ein wenig einfallslos. Die Rückkehr zu Imprint hätte auch schlechter sein können. Was mir jedoch bei fast allen aktuelleren Mechaniken sauer aufstößt ist, dass sie fast nie bezug zu anderen Karten herstellen und dementsprechend selten "mehr" sind als ihre Karten hergeben. Gut, wir haben Maelstrom Nexus und Cast Through Time - aber das war's dann doch eigentlich auch, oder? Es war in Time Spiral kein Problem, Timecounter von einer suspendeten Karte zu entfernen (oder solche auf sie drauf zu legen) - warum kann ich also nicht eingeprägte Karten zwischen 2 Artefakten mit Imprint hin und herschieben, nur so zum Spaß, einfach um die Möglichkeit mal eingebaut zu haben? Eine denkbare Anwendung für Landfall wäre, es als Globalpump in Form eines Crusadeeffekts zu machen, nach dem Motto "LANDFALL - creatures you control get +1/+1 until end of turn.". Genau so hätte ich mir vorstellen können, Landfall als Drawbackmechanik zu nutzen. Das ist alles nicht passiert, und jetzt werden die einzigen Landfallkarten an die man sich erinnert eben Lotus Cobra und Steppe Lynx sein - eine kleine Katze und eine Schlange im Blumenladen. Wow, ich bin beeindruckt. Was mich auch schon zu meinem nächsten Punkt bringt.
3. WAS ICH KRIEGE DEN DREIFACHEN GESCHMACK BEI 0 KALORIEN?!
Nun, da fiel mir kein schlauerer Titel für ein. Der Punkt ist folgender: Wenn früher eine Karte über der Powerkurve war (beispielsweise ein 5/5 Trampler für 3 Mana), brauchte sie einen entsprechend heftigen Nachteil. Beispiele dafür gibt es zuhauf, meist sind es natürlich schwarze Karten. Und heute? Nun, man kriegt die 5-power-für-3-mana-Tiere ohne Nachteil. Es gibt generell weniger Karten, die einen signifikanten Nachteil für ihre eigene Power mitbringen - üblicherweise vermutlich, weil die Spells weniger rohe Power mitbringen und es nichts auszugleichen gibt. So werden auch viel seltener symmetrische Effekte gedruckt, deren Symmetrie man brechen kann. Statt Smallpox, Smokestack oder Cataclysm haben wir heute... NICHTS. Naja, Mindlock Orb eventuell.
Standardspieler haben heute die Wahl, ob sie ein Weenie-beatdowndeck oder ein Bombendeck (Hallo Jace und ihr ganzen Titanen!) spielen wollen - daneben gibt es quasi fast nichts. Es gibt aber auch garkeinen Grund über neue Decks nachzudenken, denn wieso sollte man ein Deck entwickeln, wenn man einfach alle guten Karten aus einer oder zwei Farben nehmen kann und es ein Deck nennt? Dass die Karten gut sind kann ja mittlerweile jeder 7-jährige identifizieren, weil sie im Vakuum schon lächerlich stark sind. Keine Nachteile, dafür viel Brennstoff. Und mit Kreaturen falsch zu spielen ist tendenziell auch viel weniger schwierig als mit Gifts Ungiven.
4. Muss jedes generische Design sein?
Der Titel sagt eigentlich alles - braucht man den Rebound-Giant Growth oder den Boomerang mit Cascade wirklich? Muss wirklich ein Killspell / Counterspell mit Proliferate sein? Hätte man dieses auftauchen der Keywordmechanik nicht auf eine interessantere Karte verschieben können? Denn, sehen wir den Tatsachen mal ins Gesicht: Die meisten dieser Karten sind nur dazu da, die Mechanik zu zeigen. Reiner Selbstzweck, vom Limitedspiel mal abgesehen. Wenn die Mehrheit der Karten mit der entsprechenden Mechanik nur Varianten von anderen Karten (Growth, Boomerang...) sind, wozu braucht das Set diese Mechanik? Und hätte man die darauf verschwendete Zeit nicht lieber darin investieren können, geile Karten zu designen?
Womit diese Shitlist auch schon ihr Ende gefunden hätte.
Ich will damit nicht sagen, dass Magic tot ist (ololol) oder ich jetzt ragequitte, aber mittlerweile verliere ich eben aus diesen Gründen auch die Lust, weiter Release-events zu besuchen. Gut für alle, denen ich ständig auf die Nerven gehe, schlecht für den Umsatz der Küstenmagier. Natürlich mögen auch einige Punkte auf der Liste ihre Gründe haben - wer weiß, was die Zukunft bringt. Bisher bin ich aber erstmal unterwältigt vom aktuellen Stand des Spiels.
Und jetzt ist auch genug mit dem Thema. Nächstes mal gibt's dann Turnierberichte ins Gesicht.
Allgemein sind viele der von dir angesprochenen Sachen Folge von WotCs Politik, Sets viel stärker auf Limited auszulegen. Daher auch die große Anzahl von Karten, die im Limited top, im Constructed flop sind.