Wisst ihr, welches mein Lieblingsumfrageergebnis ist?
75% aller Menschen halten sich für überdurchschnittlich intelligent.
Ich weiß nicht mehr, wo ich diese gesehen habe oder ob diese Umfrage überhaupt wissenschaftlich war. Aber ich halte diese Ergebnis für realistisch und ich möchte es glauben. Es ist nicht nur amüsant, es hilft mir, die Gesellschaft, die Welt und die Menschen zu verstehen. Und manchmal spendet es mir Trost und hilft mir, meine Ruhe zu bewahren. Zum Beispiel in Situationen, in denen ich mir denke: "Er kann ja nichts dafür, er müsste ja intelligent sein um zu begreifen, dass er dumm ist..."
Nun vermute ich mal, dass sich diese Umfrage auch auf Magic übertragen lässt. Ich stelle mal die These auf, dass sich (mind.) 75% aller Magicspieler als einen überdurchschnittlich guten Magicspieler empfinden. Dies lässt sich psychologisch auch ziemlich leicht erklären...
Spieler gewinnt -> "Mein Plan, Kreatur X und nicht Y zu spielen ist voll aufgegangen und im zweiten Spiel hab ich dann voll klug gesideboardet."
Spieler verliert -> "Ich musste ja auch ´n Mulligan auf fünf nehmen und im zweiten Spiel hat mein Gegner sich total durchgeluckt, mehr Glück als Verstand, der Kerl..."
Derartiges findet sich auch bei den Tunier- und Spielberichten hier im Forum, aber ich möchte mich da auch nicht rausnehmen. Das ist normal und menschlich. Wie auch die Tatsache, dass nach einem Prerelease die Leute, die 6-0 oder 5-1 gehen wesentlich mehr über die Spiele schreiben, als die Leute, die mit 1-5 oder 0-6 nach Hause gingen.
Aber wie viel hat Magic eigentlich mit Intelligenz zu tun?
Man könnte nun meinen, sehr viel. Es ist ein hochkomplexes Spiel, man muss beim Deckbau irrsinnig viele Faktoren beachten, man muss überlegen, welche Decks der Gegner spielt, was er auf der Hand haben könnte, wie ich die Karten Spiele oder angreife, was ich selbst als nächste Karte ziehen könnte...
Ich glaube aber, Intelligenz ist wirklich nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil von dem, was einen guten Spieler ausmacht. Der Löwenanteil der eigenen Stärke (oder Schwäche) ist Erfahrung.
Ich würde das gerne mit Speedcubing vergleichen. Und nein, diesmal meine ich nicht Magic, sondern dies hier: http://de.wikipedia....iki/Speedcubing (gibt es Speedcubing eigentlich bei Magic? Wäre witzig...)
Jeder, der einmal einen Zauberwürfel in der Hand hatte, weiß, dass die Dinger knifflig zu lösen sind. Und tatsächlich haben die ersten paar Lösungsversuche noch mit Intelligenz zu tun, denn je schneller ich meine Fehler erkenne und korrigiere, desto schneller ist mein Lernprozess. Professionelle Speedcuber machen aber keine Fehler. Sie haben die Algorithmen erkannt. Sie denken nicht mehr, sie reagieren automatisiert und reflexartig auf die Farben. Es gibt feste Bewegungsabläufe.
Auch beim Schach "überlegt" nur ein Anfänger. Professionelle Schachspieler haben bis zu 100.000 feste Spielzüge und Brettsituationen im Kopf. Dies soll nun nicht heißen, dass es nur um stumpfes auswendiglernen ginge... ...aber es ist ein Teil des Spiels. Die Spieler denken nicht darüber nach, ob ihre Figuren gedeckt sind, sie versuchen eher den "Taktikmodus" des Gegner herauszufinden und dann eventuell zu bluffen oder eine der weniger bekannten Zugfolgen zu nutzen. Natürlich gibt es Schachmeister mit einem irrsinnig hohen IQ, aber es gibt auch solche Großmeister mit einem eher durchschnittlichen IQ. Zudem gibt es kognitive und intuitive Schachspieler. Es soll nur zeigen, dass die Denkvorgänge eines Profis nicht die eines Anfängers sind.
Ebenso ist es bei Magic. Wenn der Gegner im T2 vier Mana offen lässt und Deck XY mit einem Restoration Angel spielt, ist es keine sonderliche Intelligenz, damit zu rechnen. Selbst eine gehirnamputierte Bergziege würde dies verstehen, zumindest, wenn sie ein- bis zweimal in diese "Falle" reingelaufen ist. Die Frage ist, wie ich diesen Umstand bewerte. Kann ich es mir leiten, mit meinem 3/3er anzugreifen und das zu riskieren? Aber auch darüber müsste man irgendwann nicht mehr nachdenken... ...irgendwann sagt auch hier die Erfahrung, bei welchen Boardkonstalationen dies eine Option wäre und wann nicht.
Nun ist Magic nicht 100%ig mit Schach oder Speedcubing vergleichbar. Es kommen neue Karten hinzu (die Firma die Schach erfunden hat, würde wesentlich mehr Profit machen, wenn sie alle vier Monate neue Figuren mit neuen Sonderregeln rausbringen würde), dass Meta ändert sich ständig und das Spiel ist teilweise doch glücksabhängig. Aber ich denke, entsprechende Automatismen bilden sich auch bei Magic aus.
Der Neurologe Anders Ericsson hat hier einmal eine 10.000-Stunden-Regel formuliert. So brauche man - relativ unabhängig von der eigenen Intelligenz - etwa 10.000 Stunden Übung um in einem Bereich, sei es Schach, Klavier spielen oder anderes, eine besondere Begabung zu entwickeln. Wunderkinder gäbe es nicht. Intelligente Menschen machen zwar in den ersten 100-300 Stunden schneller Fortschritte, doch gleichen sie sich dann in ihrer Lerngeschwindigkeit sehr schnell den "normal intelligenten" an, weshalb irgendwann kein unterschied mehr in den Leistungen besteht.
Vielleicht ist dies ja das Geheimnis der Profispieler. Meine 10.000 Stunden Magic habe ich glaube ich noch nicht voll, aber ich erwarte dann genau in dieser Stunde ein transzendentales Erlebnis und teile euch dann mit, wie das so ist mit der Erleuchtung und so...
der Ghoul
75% aller Menschen halten sich für überdurchschnittlich intelligent.
Ich weiß nicht mehr, wo ich diese gesehen habe oder ob diese Umfrage überhaupt wissenschaftlich war. Aber ich halte diese Ergebnis für realistisch und ich möchte es glauben. Es ist nicht nur amüsant, es hilft mir, die Gesellschaft, die Welt und die Menschen zu verstehen. Und manchmal spendet es mir Trost und hilft mir, meine Ruhe zu bewahren. Zum Beispiel in Situationen, in denen ich mir denke: "Er kann ja nichts dafür, er müsste ja intelligent sein um zu begreifen, dass er dumm ist..."
Nun vermute ich mal, dass sich diese Umfrage auch auf Magic übertragen lässt. Ich stelle mal die These auf, dass sich (mind.) 75% aller Magicspieler als einen überdurchschnittlich guten Magicspieler empfinden. Dies lässt sich psychologisch auch ziemlich leicht erklären...
Spieler gewinnt -> "Mein Plan, Kreatur X und nicht Y zu spielen ist voll aufgegangen und im zweiten Spiel hab ich dann voll klug gesideboardet."
Spieler verliert -> "Ich musste ja auch ´n Mulligan auf fünf nehmen und im zweiten Spiel hat mein Gegner sich total durchgeluckt, mehr Glück als Verstand, der Kerl..."
Derartiges findet sich auch bei den Tunier- und Spielberichten hier im Forum, aber ich möchte mich da auch nicht rausnehmen. Das ist normal und menschlich. Wie auch die Tatsache, dass nach einem Prerelease die Leute, die 6-0 oder 5-1 gehen wesentlich mehr über die Spiele schreiben, als die Leute, die mit 1-5 oder 0-6 nach Hause gingen.
Aber wie viel hat Magic eigentlich mit Intelligenz zu tun?
Man könnte nun meinen, sehr viel. Es ist ein hochkomplexes Spiel, man muss beim Deckbau irrsinnig viele Faktoren beachten, man muss überlegen, welche Decks der Gegner spielt, was er auf der Hand haben könnte, wie ich die Karten Spiele oder angreife, was ich selbst als nächste Karte ziehen könnte...
Ich glaube aber, Intelligenz ist wirklich nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil von dem, was einen guten Spieler ausmacht. Der Löwenanteil der eigenen Stärke (oder Schwäche) ist Erfahrung.
Ich würde das gerne mit Speedcubing vergleichen. Und nein, diesmal meine ich nicht Magic, sondern dies hier: http://de.wikipedia....iki/Speedcubing (gibt es Speedcubing eigentlich bei Magic? Wäre witzig...)
Jeder, der einmal einen Zauberwürfel in der Hand hatte, weiß, dass die Dinger knifflig zu lösen sind. Und tatsächlich haben die ersten paar Lösungsversuche noch mit Intelligenz zu tun, denn je schneller ich meine Fehler erkenne und korrigiere, desto schneller ist mein Lernprozess. Professionelle Speedcuber machen aber keine Fehler. Sie haben die Algorithmen erkannt. Sie denken nicht mehr, sie reagieren automatisiert und reflexartig auf die Farben. Es gibt feste Bewegungsabläufe.
Auch beim Schach "überlegt" nur ein Anfänger. Professionelle Schachspieler haben bis zu 100.000 feste Spielzüge und Brettsituationen im Kopf. Dies soll nun nicht heißen, dass es nur um stumpfes auswendiglernen ginge... ...aber es ist ein Teil des Spiels. Die Spieler denken nicht darüber nach, ob ihre Figuren gedeckt sind, sie versuchen eher den "Taktikmodus" des Gegner herauszufinden und dann eventuell zu bluffen oder eine der weniger bekannten Zugfolgen zu nutzen. Natürlich gibt es Schachmeister mit einem irrsinnig hohen IQ, aber es gibt auch solche Großmeister mit einem eher durchschnittlichen IQ. Zudem gibt es kognitive und intuitive Schachspieler. Es soll nur zeigen, dass die Denkvorgänge eines Profis nicht die eines Anfängers sind.
Ebenso ist es bei Magic. Wenn der Gegner im T2 vier Mana offen lässt und Deck XY mit einem Restoration Angel spielt, ist es keine sonderliche Intelligenz, damit zu rechnen. Selbst eine gehirnamputierte Bergziege würde dies verstehen, zumindest, wenn sie ein- bis zweimal in diese "Falle" reingelaufen ist. Die Frage ist, wie ich diesen Umstand bewerte. Kann ich es mir leiten, mit meinem 3/3er anzugreifen und das zu riskieren? Aber auch darüber müsste man irgendwann nicht mehr nachdenken... ...irgendwann sagt auch hier die Erfahrung, bei welchen Boardkonstalationen dies eine Option wäre und wann nicht.
Nun ist Magic nicht 100%ig mit Schach oder Speedcubing vergleichbar. Es kommen neue Karten hinzu (die Firma die Schach erfunden hat, würde wesentlich mehr Profit machen, wenn sie alle vier Monate neue Figuren mit neuen Sonderregeln rausbringen würde), dass Meta ändert sich ständig und das Spiel ist teilweise doch glücksabhängig. Aber ich denke, entsprechende Automatismen bilden sich auch bei Magic aus.
Der Neurologe Anders Ericsson hat hier einmal eine 10.000-Stunden-Regel formuliert. So brauche man - relativ unabhängig von der eigenen Intelligenz - etwa 10.000 Stunden Übung um in einem Bereich, sei es Schach, Klavier spielen oder anderes, eine besondere Begabung zu entwickeln. Wunderkinder gäbe es nicht. Intelligente Menschen machen zwar in den ersten 100-300 Stunden schneller Fortschritte, doch gleichen sie sich dann in ihrer Lerngeschwindigkeit sehr schnell den "normal intelligenten" an, weshalb irgendwann kein unterschied mehr in den Leistungen besteht.
Vielleicht ist dies ja das Geheimnis der Profispieler. Meine 10.000 Stunden Magic habe ich glaube ich noch nicht voll, aber ich erwarte dann genau in dieser Stunde ein transzendentales Erlebnis und teile euch dann mit, wie das so ist mit der Erleuchtung und so...
der Ghoul
- Polymeus, Kathal, Brennender_Mondi und 7 andere haben sich bedankt
auch schön mit der Einleitung und den Anspielungen darauf durch die eigenen Bewertungen im Text..
und nette Kritik.