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"The Box" - eine Casual-Spielvariante

Geschrieben von Ghoul, 12. November 2013 · 2.487 Aufrufe

"The Box"

eine Casual-Spielvariante für Magic


Eingefügtes Bild


Prolog
Man soll ja mit etwas Provokantem beginnen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Nagut...
Conjured Currency ist eine großartige Karte, sie muss unbedingt ins Deck!
Jetzt habe ich entweder Interesse geweckt oder man hält mich für einen Spinner.
Oder beides.
Tatsächlich gibt es aber eine Spielvariante, bei der diese Karte spaßig, spielstark und skill-erfordernd ist und vor allem wirklich verwendet werden kann.


Einleitung
Zunächst einmal: Keine Sorge, das T2-Tutorial-Kapitel über Midrange- und Rampdecks kommt. Hier möchte ich aber in der Zwischenzeit eine (für mich) neue Spielvariante vorstellen, die ich an diesem Wochenende kennengelernt habe.
Ich veranstalte gelegentlich an Wochenenden Magicabende, meist sind wir 4-6 Leute, gespielt wird Modern, Standard, Casual oder Two-Headed Giant (Casual), alles ziemlich quer durcheinander. Einer fragte, ob er einen Kumpel - ein Student aus Kanada, der hier ein Auslandssemester machte - einladen könnte, dieser würde auch "seine Box" mitbringen...
...ich hatte keine Ahnung, was damit gemeint war, aber warum nicht.
Somit kam er und nach einer kurzen Vorstellung packte er schließlich "the Box" auf den Tisch - einen Kartenstapel von ca. 120 Karten - und meinte, wenn ich darin eine Karte von 2€ Wert finden würde, gehöre sie mir. Eher aus Neugier als aus Gier sah ich mir dieses Deck durch und fand darin ausschließlich Rares und Mythicrares, darunter sehr viele Craprares, die nichtmal den Weg in einen Tauschordner oder ein EDH-Deck finden würden, wie Conjured Curency oder Shivan Dragon. Außerdem kein einziges Land. Auf meine Frage, wie man nun damit spielen würde, erklärte er uns die Regeln.
Wir kannten die Regeln alle nicht, auch hier im Forum ist das "Format" wohl weitestgehend unbekannt. Mimik wies mich darauf hin, dass hier im Forum schon etwas ähnliches diskutiert wird, allerdings scheint es da unterschiede zu geben, wie so etwas gespielt wird. Daher hier mal die Regeln, wie ich sie kennengelernt habe...


Die Regeln
Man spielt nach den gewöhnlichen Magic-Regeln mit folgenden Änderungen:
  • Alle Spieler starten mit 30 Leben
  • Alle Spieler verwenden die gleiche Bibliothek, welche in der Mitte des Tisches liegt
  • Alle Spieler verwenden den gleichen Friedhof, ebenfalls in der Mitte des Tisches
  • Es gibt keinen Decktod, sobald die Bibliothek leer ist, wird der Friedhof gemischt und als Bibliothek verwendet
  • "Owner" einer Karte ist nicht ihr Besitzer, sondern wird derjenige, der sie ins Spiel gebracht hat (sonst würde der Besitzer der Box wohl einfach eine Devastation Tide reinpacken und dadurch sehr leicht gewinnen)
  • Die Begriffe "your graveyard" und "opponents graveyard" sind identisch, somit könnte man z. B. mit Spelltwine zwei Zauber sprechen. (Wenn man so eine Karte überhaupt in die Box packen will, sie wäre wohl äußerst stark).
  • Das ganze kann als Two-Headed-Giant gespielt werden, in diesem Fall starten beide Parteien mit 40 Leben.
  • Das Deck sollte mind. 100 Karten umfassen, es darf keine Länder enthalten.
  • Jede Karte kann auch als Land gespielt werden (s. u.)
Da es keine Länder gibt, kann man jede Karte als Land spielen, sollte dieses jedoch ankündigen und diese "Länder" deutlich von den anderen Permanents vor sich hinlegen. Die Karte generiet dann als Land ihre farbigen Manasymbole in den Kosten als Mana (ohne das farblose Mana). Hat die Karte keine farbigen Manasymbole (wie z. B. die meisten Artefakte), generiert sie farbloses Mana in höhe ihrer Kosten.
Bei Splitmana (z. B. {WU} ) kann man sich aussuchen, welche Farbe generiert wird.
Wenn eine Karte als Land gespielt wird, verliert sie alle anderen Kartentypen! (D. h. sie sterben z. B. nicht durch einen Day of Judgement).

Beispiele:
Als Land gespielt hätten demnach diese Karten folgende Eigenschaft:
Shape Anew - " {T}: Add {U} to your mana pool"
Reforge the Soul - " {T}: Add {R} {R} to your mana pool"
Phyrexian Obliterator - " {T}: Add {B} {B} {B} {B} to your mana pool"
Phyrexian Purge - " {T}: Add {R} {B} to your mana pool"
Detention Sphere - " {T}: Add {U} {W} to your mana pool"
Isperia, Supreme Judge - " {T}: Add {U} {U} {W} {W} to your mana pool"
Azor's Elocuters - " {T}: Add {U} {U} , {W} {U} or {W} {W} to your mana pool"
Trading Post - " {T}: Add {4} to your mana pool"
Chimeric Mass - " {T}: Add {0} to your mana pool" (sollte man also eher nicht als Land spielen)


Das Deck / The Box

Das Deck ist speziell für dieses Format ausgerichtet. Nicht zwangsläufig muss man nur Rares oder Mythic Rares spielen, aber da dies häufig die interessanteren Karten sind, ist es vielleicht keine schlechte Idee. Zudem ist jede Karte nur einmal im Deck und es werden alle fünf Farben gespielt.
Folgendes sollte man beim Erstellen der "Box" beachten:
  • Viele Karten im CC4 bis CC8 - Bereich (da Länder im Schnitt 2 Mana machen, ist man sehr schnell dabei...)
  • Hohe Anzahl von Massremovals, auch Enchantments und Artefakte müssen beseitigt werden können
  • Karten wie Howling Mine, Reforge the Soul oder Whispering Madness sorgen dafür, dass dem Spiel später nicht die Luft ausgeht und alle Spieler immer Interaktionsmöglichkeiten haben.
  • keine Tutoren (nur der Besitzer weiß, was man suchen und finden kann... ...zudem gibt es in der Box soviele Karten, die man nicht kennt, da wäre es hinderlich für den Spielfluss, wenn man jede Karte einmal durchlesen müsste).
  • Artefakte nur bis CC4 (sonst wären sie als Land zu mächtig, ein Colossus of Sardia könnte in der ersten Runde 9 Mana generieren)
  • Allgemein auf die Manakosten achten... ...Karten, die als Land 2-3 Mana machen sind gut, 1 und 4 sind in Ordnung, sollten aber eher die Ausnahme sein... ...sowas wie Cruel Ultimatum geht nicht!
  • keine Instant-Win-Combos (zum einen kennt diese nur der Besitzer, zum anderen wären sie hier wirklich random und unspaßig... ...starke Synergien sind hingegen durchaus erlaubt)
  • keine Karten, die das Spiel in einer Runde "aus dem Nichts" heraus gewinnen. (z. B. Triumph of the Hordes wäre ein langweilige Spielende)
  • Tribal-Mechaniken machen keinen Sinn
  • Vieles, wo Basic-Land oder Swamp (etc.) draufsteht, macht keinen Sinn (Nightmare wäre immer tot)
  • Die Karten sollten möglichst interessante, evtl. globale Effekte haben
  • Möglichst keine Karten, die spezielle Decks oder Taktiken erfordern. Z. B. Kemba, Kha Regent bräuchte viele Equipments, wäre in diesem Format aber eine absolute Wurst.
  • Spielspaß geht über Spielstärke!
  • Es gibt Karten, die zu stark für dieses Format sind: Monomania könnte evtl. schon in Runde 2 gesprochen werden. Mit der Prognostic Sphinx könnte man jede Runde dafür sorgen, dass der Gegner nur Mist zieht. Mit Heretic's Punishment könnte man wohl jede Runde 6-7 Schaden schießen.
  • Flashback kann sehr interessant sein, da man evtl. dem Gegner auch die Möglichkeit gibt, diesen Spruch zu nutzen. Zieht man z. B. einen Cackling Counterpart nach, muss man überlegen ob man hiervon mehr profitiert als sein Gegner. Notfalls muss man es halt als Land spielen.

Eine Beispiel-Box

Wenn man die Regeln befolgt, könnte eine Box so aussehen. Ich habe mal nur Rares für unter 2€ verwendet.

Deck



Warum sollte man sowas spielen?
Weil es Spaß macht!
Gut, das ist relativ... ...aber auch wenn das alles zunächst sehr Random aussehen mag, so ist es doch recht taktisch. Bei jeder Karte muss man neu bewerten, ob man diese als Land spielt oder ins Spiel bringen möchte.
Nehmen wir folgende Beispielhand (wer selbst welche generieren möchte: Wenn man oben auf Deckstatistik klickt gibt es dort die Option):
Blue Sun's Zenith
Hundred-Handed One
Archon of the Triumphirate
Boros Battleshaper
False Prophet
Dungeon Geists
Ogre Battledriver
Was davon würdet ihr als erstes Land spielen? Was als zweites?
Mit dieser Hand wäre es möglich Dungeon Geists, Hundred-Handed One oder False Prophet in Runde 2 zu spielen, aber dafür müsste man dann andere als Land spielen.
Sogar Archon of Triumpherate oder Boros Battleshaper in Runde 3 wären möglich, dafür müsste man aber Blue Sun's Zenith als Land spielen.
Mein Anfang sähe wohl so aus:
1. Runde Dungeon Geists als Land spielen
2. Runde False Prophet als Land, für 4 Mana Hundred-Handed One
3. Runde Archon of Triumpherate als Land, Hundred-Handed One setzt Monstrosity ein und greift für 6 an.
4. Runde man spielt irgendeine nachgezogene Karte als Land und könnte Blue Sun's Zenith für 4 Karten spielen... ...oder Boros Battleshaper, aber das kommt auf die Situation an.

Das ganze ist natürlich eher die Power-Metal-Variante von Magic, aber unsere Gegner machen ähnliche Moves.
Außerdem spielt man Karten, die man wohl sonst nie zu Gesicht bekäme. Conjured Curency ist z. B. eine Karte, die man weder im Draft, Sealed, Standard, Modern, EDH (etc.) spielen würde. Das ist Schade, denn eigentlich ist dies eine hoch-taktische und spaßige Karte. Ständig muss man überlegen, ob sich ein Tausch zu diesem Zeitpunkt lohnt, was der Gegner nächste Runde damit anfangen könnte, ob man noch eine Karte auf der Hand hat, die mit einer Karte des Gegners eine gute Synergie hätte oder ob man Tymaret, the Murder King aus dem gemeinsamen Friedhof einsetzt, wenn der Gegner die Kontrolle über eine Kreatur erlangen will (allerdings behält er dann Conjured Curency, also muss man dies gut überlegen...)

Zudem steht der Spielspaß im Vordergrund. Im Gegensatz zum EDH, dass ja mittlerweile auch recht kompetiv geworden ist und man schon einen Nachteil hat, wenn man in einem blauen Deck kein Bribery spielt, kann man hier ungeachtet der Spielstärke jede Karte nehmen, ohne dass der Gegner oder man selbst Vor- oder Nachteile hätte. Auch Tibalt, the Fiend-Blooded ist im Notfall halt ein Land, dass zwei rote Mana macht.

Schließlich macht das ganze auch Spaß, weil kein Spiel wie ein zweites ist. Wer immer mit den gleichen Leuten spielt, spielt ja auch häufig gegen die gleichen Decks. Diese Spielvariante ist da um einiges abwechslungsreicher.

Zudem: Man ist NIE Manascrewed oder muss deswegen Mulligans nehmen. Man kann jede Runde ein Land spielen und sich sicher sein, dass man etwas nachzieht, was 1-3 Mana machen kann. Und man kann all diese witzigen CC7-Karten spielen, ohne wie im EDH dafür lästig Sol Ring (etc.) spielen zu müssen oder sich zu ärgern, weil der Gegner schneller gerampt hat und uns dann die Manabasis / Ramp-Artefakte zerschossen hat, wodurch wir nie ins Spiel kommen..

Und: In welchem anderen Format spielt man schon fünffarbig?


Fazit
Ich kann das ganze nur empfehlen. Es ist mal was anderes, der Spielspaß steht klar im Vordergrund, ohne dass das ganze weniger taktisch oder völlig random wäre. Es geht stark um die richtige Bewertung von Karten in den jeweiligen Situationen. Gerade die gemeinsame Bibliothek verhindert, dass ein Spieler unter "Casual" ein Deck versteht, dass ohne Restriktionen auch im Legacy mithalten könnte, während sein Gegner ein "ich hab mal ein Skeleton-Tribe gebastelt"-Deck auspackt.
Auf Dauer würde ich natürlich auch die ganzen Deckbau-Strategien und den kompetiven Aspekt von Magic vermissen, aber für den gemütlichen Magicabend mit Freunden ist das eine tolle Variante, bei der wir vor allem im Two-Headed-Giant viel Spaß hatten.




"The Box" macht echt Spaß und kann man auf jeden Fall weiter empfehlen. Genau wie deinen Eintrag.
Muss auch gestehen, dass ich es schon kannte. Allerdings hatte es bei uns keinen Namen und man konnte es auf zwei Arten spielen. Entweder waren die Manasymbole entscheidend für die Manaproduktion oder man hat eine Karte verdeckt gelegt und die war dann ein Land welches jede Farbe generieren konnte. Dadurch hatten wir 2 verschiedene Boxen (eine mit hohen Manakosten und eine mit normale bzw. geringe Manakosten).
Ist aber schon X-Jahre her, dass ich das gespielt habe (sollte mal wieder eingeführt werden).

Mir schwebte selbst schon seit langem so etwas vor, ich glaube aber, ich würde aber einfach meine ganzen craprares, commons und uncommons nehmen.

 

Eine Frage hätte ich allerdings, wie ist das mit den "Ländern"? Wäre es nicht wirklich einfacher, man macht es wie Paddel vorgeschlagen hat und lässt jedes "Land" nur ein Mana seiner Farbe produzieren? habe das Gefühl, man würde sonst viel zu schnell die richtig dicken Treter bekommen. Mir fehlt da aber leider die Erfahrung... Wie gesagt, die Idee gefällt mir trotzdem :)

Diese Spielvariante ist schon länger bekannt und nennt sich "Stapel". Zumindest bei uns in Wien gibts ein paar Leute die mit sowas rumlaufen.

In meiner Spielgruppe werden die Commons und UC nach dem rippen eines Displays oft als ein Stapel genutzt und gespielt. Macht viel Spaß :).

So haben wir immer mit neuen Boostern gespielt wenn wir kein Bock zum draften hatten (allerdings jeder mit seinen eigenen)

 

Als Land gespielte Karten sollten nicht mehr als 1 Mana machen (mehrfarbige Karten zählen wie Dualländer). Das ganze ist sonst zu Glückabhängig da der der Karten mit vielen Manasymbolen zieht klar im Vorteil ist da er den Ramp umsonst dazu bekommt.

Die Version, dass als Land gespielte Karten mehr als ein Mana machen kannte ich bisher noch nicht, es erscheint mir aber auch wenig erstrebenswert. Wie bereits erwähnt steigt dadurch der Glücksfaktor, zudem wird das Ganze sehr stark in den hohen Manbereich verschoben, wodurch dann z.B. klassische Aggrostrategien mit kleinen Beatern kaum möglich sind. Ich mags halt lieber, wenn sich solche Formate noch irgendwie wie normales Magic anfühlen und man sich nicht T3 schon regelmäßig die 6+Mana-Karten um die Ohren haut. Aber für andere ist ja vielleicht genau das der Reiz.

 

Das man alle Karten wie Paddel geschrieben hat als Rainbowländer spielen kann haben wir am Anfang auch so gemacht aber dadurch fällt ein gutes Stück Komplexität weg. Es sind natürlich auch Zwischenlösungen möglich, wenn man mehr Farbstbilität haben will bzw. die Box-Zusammenstellung das nötig macht. Wir haben es auch oft so gespielt, dass man nur eine Karte als Rainbowland spielen kann und der Rest macht dann halt nur das Mana seiner color identity.

 

Die Möglichkeiten, so eine Box zusammenzustellen sind natürlich unbegrenzt. Ich hab z.B. einfach ca. 300 Karten genommen, die ich noch rumliegen hatte und die mir irgendwie gefallen haben. Man kann sowas natürlich auch mit einem Draftcube, Draftresten, Commonsets etc. spielen.

Womit ich gute Erfahrungen gemacht hab sind Karten, die einem beim Ausspielen (Kicker, Entwine, choose one, ...) oder auch im Spiel (Level Up, Monstrosity, Karten mit vielen unterschiedlichen activated abilities, ...) viel Optionen ermöglichen. Lustig sind auch Karten, die auf besondere Weise mit der gemeinsamen Bibliothek bzw. dem geminsamen Friedhof interagieren (Scry, Brainstorm, Kicker, Unearth...). Auch situative Karten, die man sonst höchstens in SIdeboards spielt wie Slay oder Red Elemental Blast kann man gut spielen. Nett sind auch Karten, die Länder bouncen können, da diese die Manabase in eine kleine Toolbox verwenden.

Hat mich nicht überzeugt, da bleibe ich doch lieber beim Cubedraft

Mir klingt das letztlich auch etwas nach "Booster Battle". So richtig fesseln tut es mich nicht, da ich den Deckbau als sehr wichtig und elementar erachte.

Deine Beschreibung ist dennoch ausführlich, klar und gut zu lesen.

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