Heyho
Nachdem ich es gestern tatsächlich geschafft habe, forentechnisch wieder produktiv zu werden, nutze ich den Schwung gerade, um diesen Eintrag zu vollenden. In diesem findet man sogar Inhalt, es geht um die Zukunft des Legacyformats sowie Wizards Reprint Policy im Allgemeinen, welche relativ stark für das zunehmende Schwächeln von Legacy verantwortlich ist. Ich möchte einige Probleme thematisieren und in guter alter Spekulationsmanier etwas durch die Gegend philosophieren, was man dagegen tun könnte.
Legacy stirbt
Tatsächlich ist Legacy mittlerweile das am wenigsten gespielte Format aus Standard, Modern und Legacy, es gibt kaum noch Legacy GPs oder sonstige grosse Events. Während Magic generell boomt gibt es in Legacy weniger Einsteiger, nicht etwa weil das Format nicht gut ist, sondern weil die finanzielle Einstiegshürde immer weiter nach oben wandert. Ich persönlich habe für meinen Legacyeinstieg vor etwas über einem Jahr zunächst zu Quadlaser Dredge gegriffen, konnte danach an zwei mittelgrossen Turnieren Duals gewinnen und mir somit mit halbwegs verkraftbarem finanziellem Aufwand ANT bauen. Wirklich günstig war es trotzdem noch nicht. Sobald eine teure Manabase im Spiel ist bezahlt man schon im Modern einige hundert Euro für Fetchies und Shockduals, doch Legacy ist mit seinen 185 Euro für ein Underground Sea in der günstigsten Version ein ganz anders Kaliber, besonders mit dem Wissen, dass man hier nicht auf den Reprint warten kann, welcher die Preise nach unten drückt, schlicht weil jener dank Wizards Reserved List nicht kommen kann. Auf der Reserved List stehen momentan folgende Karten: Liste. Darunter beispielsweise die alten Duals (Underground Sea, Volcanic Island, Tundra...) oder Lion's Eye Diamond, Gaea's Cradle, The Tabernacle at Pendrell Vale, etc.
Es gibt mit Vintage schon jetzt ein Format, welches aufgrund von schlicht viel zu hoher Preise praktisch ausgestorben ist, aber dennoch sind die Preise von beispielsweise Power 9 nie gefallen, sondern nur noch weiter gestiegen, aufgrund des reinen Sammlerwertes. Wo teure Standardstaples sobald sie aus dem Format rotieren, oder anders gesagt, nicht mehr gespielt werden, sofort massiv im Preis droppen, passierte das mit den Vintage-only Staples nie. Die Preise stiegen bloss immer weiter, dafür gibt es mehrere Erklärungen. Einerseits sind die Karten weiterhin legal, auch wenn das Format kaum noch gespielt wird, der Effekt auf die Kartenbesitzer von "oh, das rotiert bald, schnell für den halben Preis verkaufen bevor es noch weniger wert ist" trat also nie ein. Andererseits sind die Karten so selten und teuer, dass man sie nicht einfach massenweise abstösst und auf den Markt wirft, sondern einfach behält, auch wenn man vielleicht sogar selbst kein Vintage mehr spielt. Dazu sind die Karten noch immer absolute Sammlerstücke, welche ihren hohen Preis nicht wie beispielsweise Fetchländer damit rechtfertigen, dass die Nachfrage so hoch ist, sondern das Angebot so klein ist, zusätzlich zum Status der Karten als absolute Seltenheit und Besonderheit.
Und desweiteren kommt eben das grosse Argument der Reserved List dazu. Es horten weniger Leute sämtliche Fetchländer, die sie je besessen haben, schlicht weil sie jederzeit neu gedruckt werden können. Aufgrund Wizards selbst aufgestellter Liste von Karten, welche niemals neu gedruckt werden, sind diese Karten als eben solche Seltenheit und Besonderheit sicher, und somit auch ihr Preis.
Mit den Duals (oder eben anderen Staples auf der Reserved List), welche für Legacy nunmal essentiell sind, verhält es sich sehr ähnlich. Auch wenn immer weniger Leute in das Format einsteigen und ältere Spieler irgendwann aufhören, werden Staples, welche auf der Liste stehen, seltener einfach verkauft, als austauschbare Modernpools. Irgendwie hängt man an den so alten, besonderen und teuren Karten und ausserdem weiss man halt, dass der Preis wohl nie stark sinken wird, auch dann nicht, wenn es eines Tages gar keine Legacy GPs mehr gibt und das Format ein absolutes Nischendasein fristet.
Reserved List als Wurzel allen Übels
Kurz gesagt steigen die Preise immer weiter, während die Anzahl der Spieler sinkt, oder zumindest kaum zunimmt. Gäbe es die Reserved List nicht und wäre Wizards somit etwas grosszügiger mit Reprints, würde dieses Problem wohl weniger extrem sein. Ich bin grundsätzlich niemand, der auf der Stelle nach einem Reprint schreit, sobald eine Karte über zwanzig Euro kostet (auch wenn Enemy-Color Fetchländs schon nett wären, kommt schon, Wizards), und halte Wizards' vorsichtige Printpolitik über weite Stellen für sinnvoll. Was radikales Massenprinten von Staples mit Wert im dreistelligen Bereich bewirkt, konnte man beispielsweise an Yugioh beobachten. Die Reserved List allerdings ist da ein gänzlich anderes Thema, weil sie Reprints nicht nur kontrolliert und Preisdrops im Rahmen hält, sondern sie quasi komplett verbietet. Solange diese Liste existiert und von Wizards eingehalten wird, ist es praktisch unmöglich, die Preise von vielen Legacystaples auf natürlichem Wege sinken lassen zu können.
Schlussendlich gibt es meiner Einschätzung nach folgende Möglichkeiten, um das Problem anzugehen:
Proxies auf sanktionierten Turnieren
In meiner regionalen Community ist Legacy direkt nach Modern und noch weit vor Limited und Standard das meistgespielte Format. Das hat hauptsächlich den Grund, dass die finanzielle Einstiegshürde durch das Erlauben von Proxies stark abgeschwächt wird. An der wöchentlichen Liga darf so viel geproxt werden wie man Lust hat, an grösseren Turnieren an Wochenende sind noch 10 Stück aus den 75 Karten erlaubt. Also genug, dass jeder, der keine Duals besitzt, trotzdem praktisch jedes Deck spielen kann, mit einem finanziellen Aufwand der mit demjenigen für ein durchschnittliches Moderndeck vergleichbar ist. Zwar gibt es für diese Turniere keine Planeswalkerpoints, da sie nicht sanktioniert werden können, in der Community stört das aber kaum jemanden.
Wizards hätte also theoretisch die Möglichkeit, eine solche Regelung international zu verfügen. Sie lassen einfach für sämtliche sanktionierten Legacyturniere eine bestimmte Anzahl von Proxies zu und schon ist das Format auf dem praktisch selben Preisniveau wie Modern, eventuelle Preisspikes aufgrund von plötzlich höherer Zugänglichkeit mal aussen vor gelassen. Weil nicht mehr alle Spieler auf die originalen Karten angewiesen sind, sinken wohl auch die Preise derselben, besonders da es nun kein Muss mehr ist, die Karten tatsächlich zu besitzen.
Dadurch werden aber indirekt die Spieler bestraft, welche bereits Geld für Duals und co ausgegeben haben, da ihre Karten ja plötzlich quasi "gratis" zugänglich sind. Für Sammler sinkt die Attraktivität der Karten wohl ebenfalls. Desweiteren ist der Grundgedanke etwas seltsam. Da man Karten nicht neu printen "darf", erlaubt man der Spielergemeinschaft als Hersteller quasi einfach, sie selbst auszudrucken und somit den Wert stark zu mindern. Wizards könnte also was den Preis der Karten angeht direkt selbst neu printen und es wäre noch weniger gravierend, nur hätten sie damit gegen eigene Aussagen verstossen. Es wäre aber zugegebenermassen etwas traurig, wenn Wizards mithilfe irgendwelcher Lücken in ihren eigenen Versprechungen diese umgehen müsste, um ein Format zu retten.
Selbiges gilt auch für fast komplett identische functional Reprints der Karten.
From the Vault: Super mega special reserved list money
Billige und schnell hergeholte Lösung: Man haut die Karten einfach in einer so kleinen Auflage raus, zum Beispiel als Judgepromo oder irgend ein super sonder limitiertes Produkt, dass die neuen megafullart special Foil Versionen der Karten noch viel teurer sind als die ursprünglichen Duals und jene nur um einen kleinen Betrag im Preis sinken. "We respect your collections, hurr durr" wird damit kaum verletzt und die Anzahl an verfügbaren Staples zumindest minim erhöht.
Das würde allerdings voraussetzen, dass die Reserved List trotz allem über den Haufen geworfen wird, aber die Preise der Karten trotzdem nur marginal sinken. Wizards verletzt also seine eigenen Prinzipien und das Format wird trotzdem nicht zugänglicher, schlicht weil die Karten noch immer viel zu teuer sind. Sichtbar ist das etwa an den Zendikar Fetchies, die trotz der Expeditions aus Battle for Zendikar noch immer extrem teuer sind.
Fünf Jahre Deadline
Wizards setzt ihrer eigenen Reserved List schlicht und einfach eine Deadline, anstatt sie auf der Stelle verletzen zu müssen und kündigt eine Aufhebung derselben an. Es wird also ein Statement gemacht, das aufzeigt, warum und inwiefern die Reserved List für das Spiel, beziehungsweise Legacy im konkreten, schädlich ist, und dass die Liste weg muss, wenn man das Format auf lange Zeit am Leben erhalten möchte. Gleichzeitig setzt man eine Frist, bis wann die Liste noch gültig ist und nichts davon reprintet wird, zum Beispiel fünf Jahre. Die Preise würden wohl minim fallen oder zumindest aufhören zu steigen, aber nicht sofort in den Keller droppen, wie bei einer sofortigen Aufhebung der Liste.
Spieler und Sammler haben also fünf Jahre Zeit, um ihre Karten, falls sie aus dem Format aussteigen möchten, mit wenig oder keinem Verlust zu verkaufen, während der Formateinstieg für neue Spieler, je näher der Zeitpunkt der Deadline rückt, immer günstiger wird. Niemand trägt einen finanziellen Schaden davon, auch nicht die armen Kreaturen, die seitenweise Duals in ihren Tradeordnern herumtragen müssen, und das Format wird langsam erschwinglicher. Ob dann nach den fünf Jahren sofort Duals geprintet werden ist ebenfalls komplett offen, Wizards gibt sich halt einfach, wie bei etwa Fetchländern, zumindest die Option, das irgendwann zu tun. Was die Dualpreise ja trotz verminderter Spielbarkeit immer weiter steigen lässt, ist ja eben genau die Sicherheit, dass der Preisdrop nie kommen wird.
Diese Methode wäre mir persönlich am liebsten, ob Wizards allerdings den Mut und Willen aufbringt, ein solches Statement von sich zu geben, ist fraglich.
Bye Legacy, Hi Modern 2.0
Die wohl einfachste Variante ist es, Legacy aus der Sicht von Wizards einfach, wie bisher auch, grösstenteils sich selbst zu überlassen und sich um Modern und Standard zu kümmern. Man tut das Selbe wie vor Jahren mit Vintage und lässt das Format im Abgrund verschwinden, während die Kartenpreise noch immer weiter steigen. Irgendwann ist das Format bis auf vereinzelte kleine Turniere, veranstaltet von Liebhabern, ausgestorben und Modern löst Legacy als Format mit grossem Cardpool ab. In zirka fünf Jahren setzt man dann einfach ein neues Format in die Welt (Modern 2.0 ab neuem Cardframe M15, Illuminati confirmed?) und hat wieder zwei nichtrotierende Formate. Eines mit etwas grösserem Cardpool und erhöhter Brokenness, eines mit Turn 6 Combokill Regel und strengeren Bans.
Ich fände es sehr schade, falls es wirklich dazu kommen sollte. Einerseits weil ich Legacy als Format spielerisch sehr schätze und andererseits schon nur aufgrund der vielen alten Karten, die man dann in keinem sanktionierten Turnierformat mehr spielen könnte. Ich hoffe stark, dass irgend ein Weg gefunden wird, um Legacy erschwinglicher und somit beliebter werden zu lassen, denn das Format schwächelt definitiv nicht, weil es nicht interessant ist.
Das war es von den paar Gedankenexperimenten meinerseits, über eine Diskussion in den Comments würde ich mich sehr freuen. Was habt ihr für bisherige Erfahrungen gemacht, was würdet ihr für eine gute Lösung halten und welche Schritte traut ihr Wizards am ehesten zu?
Bei den Kraftpaketen unter euch entschuldige ich mich für die viel zu niedrige Menge an Hass in diesem Eintrag, im nächsten ist wohl wieder etwas mehr zu erwarten.
Zum Musiktipp geht's hier, danke fürs Lesen, Cheerio und bis zum nächsten Mal.
Ganz gute block aber ich fände es hilfreich für Leute die sich im Format nicht so auskennen, mal ein paar Beispiele mit Cardtags von Karten auf der Reserved List zu nennen, die im Format relevant sind (Duals, LED, vllt Tabernacle, etc...).