1996 ... habe ich neben meinem naturwissenschaftlichen Studium ein Zweitstudium der Betriebswirtschaftlehrer begonnen. Meine Intention war damals an Vorlesungen teilzunehmen bei denen die Frauenquote über 3,6% liegt ohne dabei eine zu unpassende Studienfachwahl zu treffen. Ansonsten wäre Pädagogik seinerzeit sicherlich eine bessere Wahl gewesen. Mein erster Erfolg im BWL Studium war dann nicht etwa die gute Quote für sich zu nutzen, sondern jemanden Kennenzulernen, der intensiv Magickarten sammelte. Dieser Mensch, nennen wir ihn den "Dealer", zeigte mir bei einem Besuch stolz seine Sammlung und erklärte mir kurz das Spielprinzip. Wir machten ein paar Testspiele in denen ich mich recht unbeholfen anstellte und da ich mich nicht überzeugt gab, schenkte er mir kurzerhand einen Stapel doppelter Karten. Zu Hause angekommen probierte ich in den nächsten Wochen Decks zu bauen, ein bischen im damals noch rudimentären Internet zu stöbern oder irgendwelche Literatur in Form von Nerd-Zeitschriften zu bekommen. Ich kaufte mir mein erstes Display (Ice Age) und erste Booster (Mirage, Visions). Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht realisierte: Ich war auf ewig angefixt. In den Bann zog mich das Spielprinzip und die scheinbar unendlichen Möglichkeiten Decks unterschiedlicher Strategie zu bauen.
Nach und nach konnte ich auch andere Bekannte und Freunde anfixen. Es ging soweit, dass der "Dealer" und ich eine eigene Webseite aufzogen, um Magickarten über das Internet zu verkaufen. Das war 1998 zum Release von Urza's Saga. Parallel hatte sich aber aus dem BWL Studium auch ein weiterer Erfolg entwickelt, der sich aus der erwähnten Frauenquote ableitete. Die Früchte dieses Erfolges waren unter anderem, dass ich das Magicspielen 1999 mit Urza's Legacy aufgab, da meine Freundin mit Argwohn betrachtete wie ich die Hundert(damals noch Mark)scheine aus dem Geldsegen meiner ersten Arbeitsstelle in bunte und unsexy Pappkärtchen umsetzte. Sie sprach damals liebevoll von "Pappkärtchensucht". Ihr Unterton aber machte eineindeutig klar, dass sie es eher auf die Stufe mit Alkoholsucht stellte. Es sei noch erwähnt, dass die Erfahrungen, die wir auf den wenigen Turnieren, die wir in dieser Zeit besuchten, sammelten, eher negativ bis traumatisch waren. "Sozial-Behinderung" fasst diese Erfahrung zusammen. Daher haben wir meist im eigenen Kreis gespielt, aber das relativ häufig und wie ich heute noch finde auf hohem Niveau.
2004 - die Früchte meines zweiten Erfolges sind lange verflossen - gehe ich mit meiner neuen Freundin rein zufällig in einen Rollenspielladen, da sie selber in einer Runde mitspielt und ein bischen stöbern will. Ich stehe also ein wenig verloren in dem Laden rum und entdecke plötzlich etwas Bekanntes: Magickarten. Ich stelle fest, dass es inzwischen pro Edition so etwas wie "Pre-Constructed" Decks gibt und der Verkäufer labert auf mich ein, was Magic für ein tolles Produkt wäre. Meine Freundin kommt hinzu und hört interessiert zu. Zwischendurch merke ich an, dass Magic ein ganz schön teueres Hobby werden kann. Meine Freundin erwidert aber, dass man das doch selbst in der Hand hätte, worauf ich vermutlich gequält gelächelt habe. Jedenfalls kaufen wir zwei "Pre-Constructed" Decks aus dem Mirrodin Block, weil wir das Samurai Thema aus Kamigawa beide blöd finden. Zuhause machen wir uns dann über die Decks her. Ich erkläre Ihr die Regeln, so gut ich sie noch weiss und wir spielen sehr sehr lange. An diesem Abend haben wir keinen Sex. Am nächsten Tag möchte meine Freundin wieder in den Laden, weil ich Ihr erzählt habe, dass man mit Boostern sein Deck aufwerten kann und sie von mir am Vortag ziemlich auf den Sack bekommen hat. Mittlerweile bin ich auch wieder angefixt und so besuchen wir den Laden noch ein paar mal in den nächsten Wochen. Bei meinen Eltern berge ich meine alten Karten aus dem Keller.
2012 - meine damalige Freundin ist mittlerweile meine Frau und wir haben Kinder. Ich spiele immernoch Magic - aufgrund meines Kartenpools halt Legacy- und ich habe viele neue und interessante Leute darüber kennengelernt. Ich bin mit dem Ravnica Block wieder richtig durchgestartet und spiele inzwischen seit ca. 3 Jahren regelmässig Turniere und kenne nette Leute mit denen man kompetitiv testen kann. Ich habe mich anfangs etwas schwer getan tatsächlich ein Turnier zu besuchen aufgrund meiner schlechten Erfahrungen, wundere mich aber heute, ob meine Vorbehalte nicht einfach nur ein schlechter Zufall waren. Meine Frau hat das Interesse übrigens recht schnell wieder verloren (weil ich sie nicht gewinnen lasse hehe ich Arsch) und macht lieber wieder P&P Rollenspiele. Manchmal witzel ich das Gott sie mir nur geschickt hat, um mir mein liebsten Hobby zurückzugeben. Wir sind beide Atheisten.
Bearbeitet von Nekrataal der 2., 13. Januar 2012 - 16:16.