Sicher nicht, ich habe die Serie ja schon vor drei Jahren ins hintere Mittelfeld verortet. Die dünne Story und die mangelnden Identifikationsfiguren führen nicht eben zu einem unterhaltsamen Seherlebnis.
Guckt hier wer 13 reasons why? 2. Staffel is da.
Fand die erste recht cool.
Bemerkenswert, dass sie es schaffen, die mutmaßlich unnötige zweite Staffel tatsächlich wie die konsequente Weiterentwicklung der ersten Staffel wirken zu lassen. Bemerkenswert deswegen, weil die Handlung der Buchvorlage bereits mit der ersten Staffel abgeschlossen war und die Serie sich stilistisch durch ihre episodenhafte Struktur und die zahlreichen Flashbacks auszeichnete. Nicht nur haben sie aber mit den Sitzungen der Gerichtsverhandlung einen adäquaten episodenhaften Ersatz gefunden, es scheint auch tatsäch noch Stoff zum Erzählen zu geben, den der Bestseller nicht bereits zum Inhalt hatte. Und das bezieht sich sowohl auf die weitere Handlung direkt im Anschluss an die Ereignisse der ersten Staffel als auch auf die Vorgeschichte selbst. Denn die einstigen Charakterbeziehungen werden jetzt zum Teil unter einem anderen Licht betrachtet. Ging es in Staffel 1 noch um Lügen, geht es in Staffel 2 vielmehr um Wahrheiten und deren verschiedene Versionen und Abstufungen. Man erhält ein differenzierteres Bild über Hannahs Peiniger. Wo gehen Ursache und Schuld auseinander? Inwiefern tragen Hannahs Eltern eine Mitschuld am Geschehen?
Insgesamt fügt sich die Staffel sehr gut der ersten an. Die Schwäche der Serie bleiben die oft unglaubwürdigen Beziehungsdynamiken. Clays Halluzinationen sind ein überzogener Kunstgriff, der mir nicht zusagt. Davon abgesehen dürfte die zweite Staffel die Zuschauer der ersten ebenso gut unterhalten.
Ich möchte außerdem noch ein paar Worte verlieren zu Marvels The Punisher. Ich habe die Serie lange vor mir hergeschoben. Weil es heute so viel Angebote gibt (gerade speziell von Marvel) und weil man einfach nicht mehr an Veröffentlichungstermine gebunden ist. Aber auch weil ich den Punisher als Figur zuvor schon aus Daredevil kannte, dessen Spinoff die Serie darstellt und wo dieser als grobschlächtiger Sturkopf auftritt. Eine Serie mit einem solchen Protagonisten kann doch gar keine anspruchsvolle Unterhaltung bieten, oder?
Weit gefehlt. Von Minute 1 an ist die Serie verdammt gut erzählt. Die Story entwickelt stets auf eine Art, die am besten mit dem etwas bemüht wirkenden Wort "gefällig" beschrieben werden kann. Die Serie hat diese gewissen Katz-und-Maus-Elemente, wie man sie aus Agentenserien kennt, ist aber vordergründig ganz klar ein Drama um die tragische Hintergrundgeschichte von Frank Castle. Es wird viel Zeit für gefühlvolle Momente aufgewendet und für vielschichtige Charaktere. Das lässt den Zuschauer sehr viel stärker Anteil an dem Gezeigten nehmen als das bei zweitklassigen Serien der Fall ist. Was die Serie von allen anderen Marvelproduktionen abhebt, ist ausgerechnet ihre Bodenständigkeit. Frank Castle ist kein Comicheld (er ist nicht mal ein Held). Es gibt überhaupt keine übernatürlichen Elemente in der Serie, anders als selbst noch in Daredevil. Es könnte sich daher um eine Geschichte aus dem realen Leben handeln. Zudem kann man sich Punisher vollkommen losgelöst von Daredevil ansehen, der nicht einmal mit einer Silbe erwähnt wird, auch wenn sich dies allein aus Marketinggründen sicher angeboten hätte. Um ehrlich zu sein, ist die Serie so realistisch inszeniert, dass ich mir DD mit seinen selbst nur wenigen fantastischen Elementen in der Handlung trotzdem einfach nicht vorstellen könnte. Wer Lust hat auf eine raue Good Bad Guy-Serie mit intelligentem Plot Development, der kommt an Punisher nicht vorbei.
Dann noch in aller Kürze:
- Das Serienende von Ash kam ja leider relativ unerwartet. Ich fand es natürlich etwas abrupt, auch wegen des Ending Twists. Und trotzdem war es ein Abschluss, wenn auch nur ein halber. Insgesamt hatte die dritte Staffel nicht mehr ganz so viele flotte Sprüche zu bieten, aber sie war wie immer höchstgradig unterhaltsam. Wer die Serie bis heute noch nicht gesehen hat, muss sie bitte schleunigst nachholen. Ich werde Ash nachtrauern und hoffe, dass die Handlung in der einen oder anderen Weise fortgesetzt wird. Einige Fans spekulieren ja auf einen abschließenden Film.
- A Series of Unfortunate Events war in die zweite Runde gegangen. Die Serie profitiert finde ich unheimlich von ihrem permanenten Schauplatzwechsel, der eigenständigen Optik und dem selbstironischen Unterton. Nähme man dies alles weg, bliebe wohl eine okaye Serie, bei der man sich aber inzwischen fragen könnte, wie viele Reinkarnationen derselben Handlung wir bis zum großen Ende mit der dritten Staffel noch erleben dürfen. So aber bleibt die Serie kurzweilig, wenn auch natürlich sehr albern und anspruchslos.
- Mit Altered Carbon werde ich nicht wirklich warm. Ähnliches Phänomen wie bei Westworld: Zu viel Futurismus, zu viel SciFi, zu wenig Immersion, sich selbst zu ernst nehmend. Die Serie hat keine Kanten. Ein paar tarantinohafte Dialoge würden das Geschehen auflockern. Ich finde weder die Handlung noch die Charaktere glaubwürdig und ansprechend. Selbst die actionheldhafte Hauptfigur bleibt blass und scheint bis auf einen Sixpack wenig Schauwert mitzubringen. Es fehlen quirky Charaktereigenschaften und eine kreative Hintergrundgeschichte. Wenn es mehr Figuren gäbe mit spannender Gruppendynamik und einen charismatischen Gegenspieler statt den wenigen Nebencharakteren/Sidekicks und dem gesichtslosen "System", dann würde ich der Serie mehr Aufmerksamkeit widmen. Immerhin kann ich nämlich bereits nach einer halben Staffel schon nicht mehr sagen, worum genau es gerade eigentlich geht. Die Serie hat einen hohen Produktionswert, aber eben einen für mich nur geringen Unterhaltungswert. Vielleicht auch, weil mich das ganze Body Swap-Thema inzwischen anödet. Filme wie Self/less oder Get Out verleihen dem Ganzen wenigstens noch eine originelle Pointe, aber als Serie finde ich das Konzept ermüdend. Die Body Swap-/Unterblichkeitsprämisse dient als häufiger Plot Device, leider entwickelt der Plot davon unabhängig keinen Drive.
Bearbeitet von Lee, 22. Mai 2018 - 22:26.