„Ich hab‘ den noch nicht gezogen“ oder: Mut zum eigenen Format
Highlander Kombo Küchentisch
Viele von uns spielen bekanntlich Magic am Küchentisch oder zumindest in einer allgemein überschaubaren Umgebung. Neudeutsch würde man formulieren, dass man sein Meta kennt. Und zumindest jede Küchentischrunde hat auch bereits einmal Regeln bestimmt, die von den ganz offiziellen Hinweisen zu Modern, Standard, Highlander und wie sie alle heißen abweichen. Dafür gibt es die verschiedensten Gründe: Leute im Freundeskreis, die einen kleineren Kartenpool haben, längere Spiele ermöglichen, größere Vielfalt an Decks erzeugen, etc.
Dennoch habe ich auf diesen Seiten häufig den Eindruck, dass viele sich noch immer sehr eng an gegebene Regeln halten. Eine dieser Grundregeln und in letzter Zeit ein Thema, über das ich sehr am Grübeln bin, ist die 100-Karten-Minimum-Regel beim Highlander. Und dann las ich nun gerade im Forum einen Satz ähnlich „Hat jetzt jemand Erfahrung mit dem, ich habe ihn nie gezogen.“
Da muss ich mich doch wieder Fragen: Warum eigentlich 100 Karten? Historisch betrachtet haben die meisten meiner Freunde sich noch nie ganz dem Wahn hingeben wollen, jede (gute?) Karte vier Mal zu haben und dafür Unmengen Geld auszugeben. Mein Sammelziel früher war einfach: Jede Karte mindestens einmal haben, vielleicht auch zwei Mal, einmal zum Sammeln, einmal zum Spielen. Nun saßen wir damals schon da, sahen zwei Karten und dachten: Die Kombo will ich mal spielen. Denken wir jetzt in die Urzeiten des Magic, die 90er Jahre, zurück, sehen wir schnell, wo es damals schon hing: Die Möglichkeit, Funktionalitäten durch ähnliche Karten zu ersetzen, waren gering.
Meine Combo ist die Nadel im Heuhaufen.... (Straw Golem - Art © Bryan Talbot)
Also kam es uns – die wir auch alle nur privat rumturniert hatten, meist Drafts – nie in den Sinn, die Wahrscheinlichkeit, so eine Kombo zu ziehen, noch weiter zu reduzieren, indem wir die Mindestkartenmenge auch noch hochsetzen. Wäre das nicht eine Kugel zu viel für den Patienten? So entwickelte sich der 60-Karten-Highlander zu unserem Format. Wenn ich mir nun heute die Kartenmenge anschaue, gibt es immer noch viele Kombos, deren Bestandteile sich schwer oder gar nicht ersetzen lassen. Gut, es gibt Tutoren; viele davon sind aber auch nur Karten, die dann „erstmal“ nichts tun und das eigene Spiel verlangsamen. Warum also dieser doppelte Angriff auf den Highlander-Patienten, nämlich alles nur einmal und dann auch noch viel mehr Karten? Diese Frage hat mir bereits im Highlander-Fragenthread niemand beantwortet (/n können). Denn was sind die Folgen der 100 Karten? Viele Highlander-Decks, seien es EDH-Decks oder sonstige Highlander weisen je nach Farbe einen bestimmten Grundstock an Allheilmitteln auf. Ich habe Decklisten gesehen, die hatten noch 10 Karten übrig, die was mit dem Thema zu tun hatten. Der Rest hieß dann „Ramp, Utility, Massremoval, …“. Alles nur, damit man auch eine Chance hat, wenn die schöne Kombo nicht auftaucht.
Und dann spielt man Spiel um Spiel um Spiel (viele von uns können vielleicht auch nur ein mal pro Woche oder gar Monat mit den selbstkonstruierten Decks spielen), und zieht seine tolle Kombo immer noch nicht! Ja verflixt! … Und was hält uns nun ab, nicht doch weniger Karten zu nehmen? Zumindest am vielgerühmten Küchentisch doch… nichts. Und so machen wir das auch heute noch. 60-Karten-Highlander spielen, mit ein paar ungeschriebenen Zusatzregeln. Wir erfreuen uns an dem Abwechslungsreichtum, der Möglichkeit, nicht jede Kiora vier mal zu brauchen, und der dennoch vorhandenen Chance, auch schwierigere Kombos mal zum Laufen zu bekommen.
Also, habt am Küchentisch Mut zum eigenen Format! Spielt Magic so, wie es eure Geldbeutel erlauben und wie ihr, vor allem anderen, den meisten Spaß daran habt.
Ich würde mich freuen, mal von euren eigenen Eigenkreationen an Formaten zu hören, welche geklappt haben und an welchen ihr verzweifelt seid. (Pauper-Highlander for the win! J ) Bei uns waren das übrigens Beschränkungen zur Rarity – das klappte einfach nie. Vielleicht schreibe ich in Zukunft auch mal ein paar weitere Artikel über konkrete, skurrile Formate und warum man sie spielen sollte.
Hmm, 60-card HL würde bei uns heißen: Der mit der härtesten Combo gewinnt. Das macht kaum Spaß finde ich . Bei uns ist es im 100-Card Commander schon oft genug so, dass Turn 4-5 Finishing Combos kommen, und dass ist nicht das Sinn des Formats.