Um einfach mal auf deine Analyse zurück zukommen. Bayern hatte, auch durch ihr Pressing Spiel in der ersten Halbzeiten gegen Lyon und Paris erhebliche Probleme und war mehrfach offen, wie ein Scheunentor.
Beide sind v.a. dann zu Chancen gekommen, wenn Bayern den Ball entweder Zentral im Mittelfeld verloren hat, oder in 1v2 Situationen auf dem Flügel, in denen man einfach einen Mitspieler freispielen konnte, der dann den tiefen Pass gespielt hat.
Das hat mit dem hohen Pressing um die gegnerische Zirkulation zu stören eher wenig zu tun, Bayern stand in diesen Situationen fast immer sehr gut und die erste Angriffsreihe wurde nur selten schnell genug überspielt, dass es gefährlich werden konnte.
Dabei hatten aber sowohl Lyon, als auch PSG phasenweise enorme Probleme schnell hinten raus zu spielen UND sie wurden beide regelmäßig für Pässe in die Tiefe bestraft die abgefangen wurden, da ist vermutlich auch einer der Gründe, warum Coman gestern Perisic vorgezogen wurde, Kehrer war nach den ersten ~20 Minuten offensiv deutlich weniger Effektiv, weil Coman die Räume in seinem Rücken nutzen konnte und so gelang es PSG auch nicht wie sonst üblich die Zwischenräume zu bespielen, weil der überlappende AV fehlte, genau wie auf der anderen Seite auch.
Bayerns Pressing war im übrigen sogar einer der Gründe, warum PSG tiefer stand, denn wenn Navas den Ball hatte wurden konsequent die IV und Marquinhos zugestellt, Müller stellte die Passwege zu Herrara und Paredes zu wenn diese sich fallen ließen und so blieb Navas der kein Neuer am Ball ist oft nur der weite Abschlag auf die Flügel und bei Ballgewinn konnte Bayern die Tatsache, dass die Flügel hoch standen nutzen, außerdem stellte man den AV konsequent Pressingfallen auf der Ballzugewandten seite, d.h. selbst wenn die AV den Ball bekamen sind sowohl Kehrer, als auch Bernat am Ball zwar nicht schlecht, aber sie hatten keine Anspielstation und der ZM/DM auf der Ballzugewandten Seite konnte absichern. Bayern hatte also in Ballnähe überzahl und ein 4 ggn 3 in der Abwehr, die Zwischenräume, die PSG normalerweise sehr gut bespielt, waren einfach nicht zugänglich.
Das schlägt sich auch eindeutig in den Zahlen nieder, PSG leitete nur 26% seiner Angriffe über das Zentrum ein, dass ist lächerlich wenig für ein Team, dass eine falsche 9 und 3 ZM auf dem Feld stehen hat.
PSG verlor 15 Mal den Ball in der eigenen Hälfte, Bayern 4 Mal, alle 4 Ballverluste waren in den ersten 25 Minuten, Bayern brauchte einfach relativ lange um ins Spiel zu finden, das ist nicht unüblich, denn der Gegner adaptiert normalerweise an das Pressing und das pressende Team muss sich dann an die Adaption adaptieren, sobald offensichtlich wird, welche Trigger welche Aktion im Pressing auslösen ist Bayern in der Lage sich anzupassen und das ganze Spiel über effizient zu pressen.
Dann passierte nämlich genau das was du hier beschreibst:
Besser wurde das in beiden Spielen erst als die Franzosen einen Gang runtergeschaltet und auf "Angstfussball" gespielt haben, und so die Bayern doch noch Ihr Aufbauspiel durchziehen konnte.
Bayerns Aufbauspiel funktionierte nämlich nicht, schlecht, weil PSG druck machte, sondern weil viele Pässe einfach ungenau waren, aber lange outletpässe auf Lewy oder die Flügel kamen regelmäßig an, PSG presste immer mal wieder über kürzere Phasen sehr, sehr aggressiv, aber wenn man Thiago, Alaba, Kimmich und Neuer hinten in den ersten beiden LInien hat, dann ist es eher eine Seltenheit, dass der Ball dort verloren wird, Bayern nutzte die Räume die sich dann auftaten im übrigen auch ziemlich gut, indem hintenrum gespielt wurde und dann über die Flügel aufgebaut, PSG wurde so in länge und Breite über das Feld gezogen und es entstanden Räume, da die Viererkette von PSG nicht so stark komprimierte wie die von Bayern.
Wenn man zum Vergleich das HF ggn RBL nimmt, dann hatte PSGs Gegner massive Probleme die erste Pressinglinie zu umspielen und PSG wirkte dadurch viel dominanter, Bayern lies es aber schlicht und ergreifend (fast) nicht zu, dass PSG das MF kontrollierte und das ist einer der Gründe, warum PSG weniger häufig versuchte ballorientiert zu pressen.
Am Ende hat Bayern den Titel nur gewonnen, weil Sie a.) Manuel Neuer im Tor haben und b.) Bayerns Gegner ihre Besten Leistungen gegen andere Teams gezeigt haben (Lyon hatte mehr Großchancen gegen Bayern als gegen City. die waren aber halt nicht drin; DiMaria gestern unteririsch; Neymar auch nicht wirklich befreit). Dazu dann noch Glück beim Foul von Kimmich im 16er, dass ich jetzt aber mal ignoriere. Das Ding gegen Kehrer hätte es in der Bundesliga wohl auch gegeben; wahrscheinlich hat man dem Schiri in der Pause geimpft, dass er jetzt "was schuldig ist".
Es ist fast so, als wenn man mit Neuer einen TW hat, der athletisch und spielerisch wie für dieses System gemacht ist und unter Heynkes, Löw und Pep den "Sweeper Keeper" perfektioniert hat.
Grundsätzlich ist das Spiel von Bayern unter Flick so angelegt, dass der Gegner mit hoher Intensität bespielt wird, wenig Zeit am Ball sorgt für schlechtere Entscheidungen und Bayern sieht auf der anderen Seite oft aus wie Crap, wenn ein Spieler im 1v1 geschlagen wird und der Gegner mit Überzahl/Tempo in die weiten Räume vor dem Tor kommt, das ist ein offensichtlicher Nachteil der Auslegung, bzw. dieser Spielweise und eine der offensichtlichsten Entwickelungen der "Pressing Ära" ist der Focus auf schnelle dribbelstarke Außenstürmer, die die großen Räume nutzen oder den Gegner schlagen können, PSG war in dieser Hinsicht ein "schlechtes Matchup" für Bayern, aber Bayern hat das über die gesamte Spieldauer hinweg insgesamt gut gelöst, es ist bei der individuellen Qualität von PSG absolut unmöglich zu verhindern, dass der Gegner sich irgendwann freispielt und das das für hochwertige Torchancen sorgt ist auch bekannt, es ist aber völliger Schwachsinn das Spiel nur daran zu messen, Bayern war gestern taktisch die deutlich, deutlich bessere Mannschaft imo.
Wenn PSG weiter versucht hätte hoch zu pressen und balldominant zu spielen, hätte Bayern sie dafür mmn beutlich mehr bestraft, dass PSG wie du es nennst "Angsthasenfußball" gespielt hat lag in erster Linie daran, dass Bayern unheimlich intensiv und effektiv gepresst hat und PSG genau das nicht konnte und die logische Konsequenz dessen ist es in es mehr Spieler hinter den Ball oder in Ballnähe zu bringen und das führt dazu, dass sich das Spiel vermehrt in der eigenen Hälfte abspielt, aber es minimiert das Riskiko für Ballverluste bestraft zu werden.
Bearbeitet von ElAzar, 24. August 2020 - 14:38.