Kommen wir also zur Auswertung. Die Teilnahme war ja recht überschaubar, was mir aus Zeitgründen aber nur entgegen kommt. Eingereicht wurden eine Kreatur, ein Artefakt und eine Hexerei. Ich bin gespannt.
Redstern mit Infected Horde:
Es geht düster los mit einer Zombiehorde. Die Idee, Opfer auswählen zu dürfen, ist auf jeden Fall neu und unterscheidet sich von den verlinkten Karten. Das ist aber noch nicht der eigentliche Clou. Du hast die bisherige Mechanik weiterentwickelt, die bis dato immer vom Zufall geprägt war, und sie durch die (teils ebenso unvorhersehbaren, aber viel taktischeren) Entscheidungen der Spieler ersetzt. Jeder Spieler kann nun bewusst steuern, welches der beiden Ziele erreicht werden soll - und kann es auch wieder nicht. Genauso kann man auch auf Zeit spielen (indem man immer etwas anderes wählt als der Gegner), investiert dabei aber die eigenen Ressourcen (und wiederum die der Gegner).
Beide Effekte sind überaus relevant und auch stark, aber durch die Auswahlmöglichkeit nicht überstark. Dass der angreifende Spieler mit dem Opfern anfängt, macht die Karte jedoch erst fair. So erfordert sie ausliegende Kreaturen, um überhaupt eine Wahlmöglichkeit zu haben, sonst würde man sich nur seine eigene Manabase abschießen und hätte dem Gegner gegenüber keinen Auswahlvorteil. Zudem bremst die Horde sich selbst aus, da sie sich schließlich für sich selbst opfern lassen wird, was die Karte auch nach oben hin beschränkt. So kann sie dann auch mal als nicht angreifende 6/2er auf dem Feld liegen bleiben, selbst wenn der Gegner keine Verteidigung mehr hat. Sie erinnert von ihrer "Natur" her daher auch an den Fleshbag Marauder, der sich selbst opfern kann, kommt aber mit verdoppelten Stats daher. Ob sie diese krassen Stats braucht, erfordert Playtests, macht die Karte jedoch trotz ihrer Unwägbarkeiten erst so richtig spielbar und erhöht außerdem den Druck auf den Gegner, nicht einfach eine 0/1 Utility zu opfern, wenn er damit noch sechs Schadenspunkte wegchumpen könnte.
Dass der Kontroller der Horde zuerst wählt, bedeutet für den Gegner, dass er in jedem Fall (sofern er eine Kreatur oder ein Land kontrolliert), mit seiner Wahl ein 2:0 zu Gunsten eines Kartentyps erzielen kann. Das kann sich der Kontroller zunutze machen, indem er eine entsprechende Opfertendenz vorgibt, die dem Gegner nicht in den Kram passt, sodass er sich für Pest oder Cholera entscheiden muss. Aber zurück zum 2:0, es ist wieder der Kontroller an der Reihe. Er kann nun den Effekt beenden, wenn ihm das Opfer genügt hat (etwa der Blocker weg ist) oder er gibt den Ball wieder weiter, indem er sich jetzt umentscheidet und auf 2:1 setzt. Damit steht die Entscheidung wieder beim Gegner, ob er auf das zuvor gesetzte Pferd weiter setzt und den Kartentyp opfert, der ihm von Beginn an am entbehrlichsten schien oder ob er den Zug ein letztes Mal an den Kontroller abgibt - aber diesmal ohne Rückfahrkarte. Das geniale an allen Entscheidungen bis hierhin ist, dass bei jeder einzelnen taktiert werden kann, nie erscheint die Entscheidung "forciert" und mit jeder Entscheidung des Gegners wird die eigene nächste maßgeblich beeinflusst.
Einen zusätzlichen Aspekt bekommt die Karte noch im Multiplayer, da vor allem im 1v3, aber auch im 2v2 und hier insbesondere davon abhängig, ob man rechts oder links sitzt. Hier alle Möglichkeiten aufzuzählen, wäre zu viel des Guten, aber es spricht für die ungeheure Vielfältigkeit dieser Karte. Insofern kann ich dich zu dem Design nur beglückwünschen. Du schaffst es hier mit einer Karte so viele spielrelevante Entscheidungen zu generieren wie es kaum eine zweite tut. Die Karte fühlt sich beinahe an wie ein Spiel im Spiel.
Zu bemängeln bleibt mir da lediglich, dass deine Horde durch Karten wie Butcher Ghoul und Geralf's Messenger tendenziell doch zu stark einseitig ausnutzbar sein könnte und einen Teufelskreis spinnt, aus dem der Gegner sich kaum befreien kann. Auf der anderen Seite kommt sie erst T5 rum und ist mit 2 Power totgeblockt, von daher ist sie langsam und händelbar. Also alles im Lot. Definitiv eine Karte, die ich gerne auf beiden Seiten des Tisches mal erleben würde.
Der Flavor passt soweit, bloß sollte es natürlich "hear" heißen.
avedon mit Birthing Chamber
Der Name und die Farbgebung deines Artefakts erinnern zunächst an Birthing Pod, und tatsächlich holen beide Karten eine Kreatur ins Spiel. Entsprechend finde ich dein Bild sehr gut gewählt, hier begrüßen Maschinen das neugeborene organische Kind. Vielleicht hätte man sogar etwas mit Artefaktkreaturen machen können (und diese pinocchiolike in Kreaturen umwandeln), aber das ist kein Muss. Im Unterschied zu Birthing Pod sucht die Chamber nur einen gewählten Typen und opfert sich anschließend selbst. Letzteres erscheint mir nicht ganz schlüssig, da Artefakte meist zur mehrmaligen Nutzung dienen, wenn sie nicht gerade einen Einmalflavor bedienen (etwa ein Trank). So hättest du auch einfach eine Sorcery mit X2G o.ä. als Kosten entwerfen können. Im Moment hast du ein fünf(!) Mana teures Artefakt, das rein gar nichts macht, wenn es liegt. Dann muss man noch mal ähnlich viel Mana investieren, um wahrscheinlich eine unbestimmte Kreatur eines bestimmten Typs ins Spiel zu bekommen. Das sind dann schon rund 2 mal 5 Mana. Für welche Art von Kreaturen soll sich das lohnen? Mir fallen auf Anhieb nur Eldrazi ein, die bei gleichbleibendem Kreaturtyp einen Finisherbody besitzen. Zudem passt Grün noch ganz gut zu Ramp. RG Drachen wäre noch eine Variante, doch ich befürchte, dass es in beiden Fällen bereits interessantere Card Choices gibt (etwa die Karte mit dem schrecklicksten Artwork ever, Descendants' Path). Dass die Karte das Potential hat, für rund zehn Mana auch einfach mal nichts zu tun, macht sie nicht eben spielbar. Und auch wenn die Sorceryspeed aus Flavorgründen nachvollziehbar scheint (eine Instantgeburt klingt zumindest befremdlich), dient die Opferfähigkeit somit noch nicht mal als Manasink im gegnerischen Zug, sondern man muss sich für eine unbekannte Kreatur austabben. Hier wäre die Karte so viel spielbarer gewesen, wenn man X Karten revealen und sich davon eine der revealten Karten des genannten Typs auswählen dürfte. Aber das war mit der Aufgabenstellung so natürlich nicht vereinbar.
Bleibt die Frage, ob die Karte interessanter wäre, wenn sie billiger wäre. Sagen wir, sie käme für 1G ins Spiel. Dann wäre sie von der Stärke her spielbar, aber halt etwas swingy. Wenn man sie dann T3 für X=2 aktiviert, gibt es entweder einen Early Game Finisher oder die Karte ist ganz weg. Rational betrachtet würde man sie so früh ohne Grund nicht zünden. Aber bei einem lucky Noob wäre das natürlich nicht so fein. Entweder er ärgert sich, weil die Karte gar nichts tut oder der Gegner, weil sie zu viel tut. Trotzdem halte ich das immer noch für ein interessanteres Spiel als ein 10 Mana-Fragezeichen. Man kann sie auch 2G kosten lassen, aber CMC5 ist zu hoch.
Gut, dann wäre sie zwar stark, aber noch nicht spaßig designt. Als größte Schwäche deiner Karte empfinde ich tatsächlich nicht die Kosten (die kann man anpassen), sondern dass sie in einem von zwei Szenarios nichts macht. Das gilt zwar auch für Helm of Obedience und Thought Dissector, die beide etwas ähnliches tun wie deine Karte, jedoch opfern sie sich nicht bereits als Kosten selbst, sondern erst wenn der Effekt resolvt. Somit sind sie jederzeit wiederaktivierbar. Du wolltest deine Karte sicher dahingehend spannend gestalten, wie viel Mana man bereit ist, in das Artefakt zu pumpen, um es nicht umsonst zu opfern. Die Überlegung wäre dann, es so lange zu halten, dass es sich sicher lohnt, es für viel Mana anzuwerfen. Nur: Wartet man zu lange, zieht man nächste Runde den CMC10 Eldrazi, den man für X=1 hätte ins Spiel bringen können oder wirft in der Folgerunde das Artefakt für X=5 an und deckt als oberste Karte einen 3/4 Drachen auf, den man spielen muss. Und es unterstützt wie schon geschrieben Noob Play/irrationales Verhalten. Besser hätte es deiner Karte meiner Meinung nach getan, das "whichever comes first" nicht als Bedingung, sondern als Effekt zu verwenden. So hätte ich mir vorstellen können: "XG: Sacrifice Birthing Chamber: Reveal X cards from the top of your library. You may put creature cards from among them onto the battlefield with combined power or toughness X, whichever comes first." oder so ähnlich -rules issues. Da hätte es eine Auswahlmöglichkeit, situatives Spiel, Taktik, Mathematik und mehr Balance geboten.
Ceòthach mit Read the Stars
Du hast es richtig gemacht und den Effekt in eine Sorcery gepackt, die ansonsten ziemlich straightforward ist. Den Effekt gibt es genau so zwar noch nicht (die nächstähnliche Umsetzung ist wohl Fathom Trawl), aber die Karte ist auch nicht besonders aufregend. Sie füllt eine mögliche Lücke, wobei in diesem oder einem ähnlichen Stil noch einige weitere Karten denkbar wären. Etwas fad finde ich die Passivität dieser Karte. Squee's Revenge lässt eine Zahl vorhersagen, Tainted Pact lässt einen den günstigen Moment vorherbestimmen. Da hätte es einer so aktiv vorausschauend klingenden Karte wie Read the Stars doch ganz gut gestanden, wenn sie modal dahergekommen wäre. Die Zahl der Länder oder die der Nichtlandkarten wahlweise auf drei erhöhen zu können, wäre nicht nur eine nette Erweiterung der Mechanik gewesen und hätte den Flavor supportet, es hätte auch deine Balancing Issues von wegen 2 oder 3 intrapoliert. So lässt die Karte eine gewisse Begeisterungsanforderung vermissen.
Dennoch ist es eine grundsolide Karte und so kommen wir also zum Balancing, das in diesem Fall etwas Statistik erfordert. Eine CMC5-Hexerei zieht im Schnitt 3 Karten, mit etwas Luft nach oben. Deine Karte zieht zu 44% zwei Nichtlandkarten und zu 11% zwei Landkarten. In 44% der Fälle wird nun betrachtet, ob sich die Nichtlandkartentypen unterscheiden und in weiteren 44% der Fälle wird sowieso eine dritte Karte gezogen. Und gehen wir davon aus, dass die zwei Nichtlandkarten in den ersten 44% sich jedes zweite Mal voneinander unterscheiden, ziehen wir zu 44+22% = 2/3 Wahrscheinlichkeit eine dritte Karte. Ab dann wird jede weitere Karte immer unwahrscheinlicher, wobei wir Einfluss darauf haben, wie viele Kartentypen wir ins Deck packen. Der limitierende Faktor dürften in vielen Fällen die Länder sein. Nach zwei davon ist in jedem Fall Schluss. Ich schätze (educated guess), dass deine Karte meist 3 Karten zieht, in einigen Fällen 2 oder 4 und selten 5 oder mehr, womit der CA bei ca. 3,2- (netto 2,2) liegen müsste, womit du ziemlich genau in der Linie lägst. Insofern war deine Anpassung von 3 auf 2 sicher nicht verkehrt und vielleicht würde auch mein Vorschlag, auch nur eine der Möglichkeiten auf 3 zu erhöhen (wobei man in aller Regel Länder wählen würde, daher etwas lame), die Karte schon zu sehr boosten. Da sie aber zweifarbig und unberechenbar ist, bringt sie zumindest zwei Nachteile mit sich, aufgrund derer ich ihr diesen Bonus zugestehen würde. Aber geht auch ohne. Aus Balancinggesichtspunkten finde ich deine Karte gut ausgewogen und vermutlich spielbar, vom Kreativstandpunkt her ist sie neuartig und als Drawspell in jedem Fall innovativ genug, nur um den Contest zu gewinnen, fehlt ihr das gewisse i-Tüpfelchen wie beispielsweise die hohe Interaktivität bei Redsterns Zombie.
Es dürfte daher wenig verwundern, dass
den Sieg davonträgt. *geldbeutel mit aufgedrucktem dollarzeichen diskret in die jackentasche steck*
Er wird das BBTT 152 leiten.
Für die Einreichungen in diesem Contest meinen herzlichen Dank und gerne bis zum nächsten Mal! Jetzt bin ich offen für eure Beschwerden und Anmerkungen. =)