Magic ist voll scheiße und so
Dann aber erleuchtete mich ein Forenmitglied, daß alles was ich schreibe ja Bullshit ist. Und er erhellte mich im Wissen darüber, wie man richtig Magic spielt. Hier die (frei erfundene aber gern als Metapher zu nutzende) Geschichte, in der ich ein besserer Mensch wurde indem ich fortan nicht mehr falsch spielte...
An einem grauen Herbsttag war es. Die Brettspiele stapelten sich, alle längst ausgereizt. Die PC- und Konsolenspiele alle längst durchgezockt. Und draußen war es naß und kalt. An jenem Tag ging ich zum hiesigen Nerdstore, schaute mich um und kaufte mir eine Packung "Magic - the Gathering"-Karten. Ich hatte schon oft gehört daß das Spiel prima sein soll, also mal testen.
Ich öffnete die Packung bei einem Freund, wir holten einen Hut und wir begannen, Magic zu spielen.
Uns machte das einen Riesenspaß und mit der Zeit wurden wir immer besser.
Wir stellten den Hut anfangs immer weiter weg, was eine echte Herausforderung war um ihn noch zu treffen.
Als das zu einfach wurde, änderten wir die Punktvergabe ab; ab jetzt zählte nicht mehr jede Karte gleich sondern wir stellten verschiedenfarbige Hüte auf und wenn man jenen Hut traf, der in der Farbe der Karte gehalten war, konnte man Freiwürfe und Extrapunkte sammeln.
Wir hatten monatelang viel Spaß mit Magic, auch die Kinder meines Freundes spielten mittlerweile eifrig mit und waren richtig gut. Sobald ich dort zu Besuch kam stürmten sie herbei und fragten, ob wir heute wieder Magic spielen können.
Im Frühjahr lernte ich über das Internet noch jemanden kennen, der angab, auch Magic zu spielen.
Ich schrieb ihm, daß wir viel Spaß dabei hätten und auch die 4 und 6 Jahre alten Kinder meines Freundes richtige Fans seien.
Da fragte der andere, wie denn das ginge, die seien doch viel zu jung dafür. Er fragte, wie sie denn ihr Deck bauen würden.
Ich stutzte und fragte zurück: "Deck? Was ist das?"
"Naja, der Haufen Karten halt von dem man seine Karten zieht"
"Ich verstehe das Problem nicht. Ich mische sie einfach auf einen Stapel und von dem ziehen wir halt."
"Aber jeder braucht doch sein eigenes Deck. Es ist doch Unsinn von einem gemeinsamen Haufen wild gemischter Karten zu ziehen!"
Hm. Ich dachte nach. Welchen Sinn sollte es haben, daß nun jeder Spieler einen eigenen Haufen hat? Nunja, wir wollen das Spiel ja richtig spielen. Also teilten wir den Haufen in Zukunft auf, bevor wir warfen. Den Sinn sah ich immernoch nicht, da es ja auf diese Weise genauso Zufall war welche Karte man zieht. Und treffen mußte man immernoch genauso.
Einige Wochen später, die Kinder fanden die neue Regel total blödsinnig und langweilig, schrieb ich mit besagter Internetbekanntschaft nochmal. Ich fragte ihn diesmal, welche Bewandnis das eigentlich habe mit den verschiedenen Stapeln - oder meinetwegen "Decks". Schließlich macht es für das Spiel keinen Unterschied. Es ändere ja auch nichts daran daß man den Hut erstmal treffen müsse.
Seine Antwort war seltsam irritiert: "Hut? Wieso treffen? Darf ich mal wissen wie Ihr Magic spielt?"
Daraufhin erklärte ich ihm Magic. Völlig sachlich, ruhig, und auch daß es uns und den Kindern so eine Menge Spaß macht.
Seine Antwort verstand ich nicht. Oder besser: die Art seiner Antwort. Darum gebe ich sie nur indirekt hier wieder; ich wäre wohl ein Schwachkopf, was für einen Bullshit ich mir da ausgedacht hätte und am Ende erklärte er, daß man Magic an einem Tisch spielt, wie die meisten anderen Kartenspiele auch, etwa wie Mau Mau. Und daß ich dafür wahrschienlich auch zu blöd wäre.
Ich war zwar einerseits dankbar daß hier ein grundsätzliches Mißverständnis darüber, wie man Magic spielt aufgeklärt wurde, aber sein völlig degenerierter Tonfall bzw. seine Wortwahl - beim Schreiben bildet letzteres ersteres - veranlasste mich dazu, den Kontakt abzubrechen.
Der nächste Besuch bei meinem Freund war etwas kompliziert. Ich mußte den Kindern erklären daß wir Magic immer falsch gespielt hatten. Der ältere der beiden war aber wohl zunächst ganz froh und erklärte seiner jüngeren Schwester daß es gut sei daß wir das herausgefunden hätten. Denn falsch spielen darf man nicht! Ich mußte ihm zwar hinterher erklären daß man, anders als er glaubte, dafür nicht ins Gefängnis kommt, aber die Dinge wurden trotzdem komplizierter.
Wir setzten uns alle an einen Tisch, verteilten die Karten und spielten es, wie mein Freund sagte, wie Mau Mau. Einigermaßen klappte es ja, aber nun brachen ständig Diskussionen aus ob man denn eine grüne Karte auf eine grün-weiße legen dürfe. Oder ob eine Karte mit einer "7" oben neben der Farbe die gleiche Auswirkung hat wie eine, auf der die "7" rechts unterm Bild steht - nämlich daß man zwei Karten ziehen muß. Ohnehin war es seltsam daß es hier sechs Farben gab (weiß, grün, blau, rot, schwarz und grau) und sie dauernd gemischt vorkommen.
Mein Freund schlug vor ob die Antwort vielleicht in den Texten unter den Bildern zu finden wäre, aber da diese in Englisch gehalten waren und keiner von uns diese Sprache sprach, kamen wir so nicht weiter. Wir hielten das auch für wenig wahrscheinlich, denn beim Kartenspiel "Wizard" hat man auch verschiedenste Fantasy-Bilder mit Text, was aber fürs Spiel völlig irrelevant ist. Und auch Wizard spielt man ja eigentlich nach gängigen Kartenspielregeln (nämlich Skat), mit wenigen Ausnahmen.
Meinem Freund und mir machte das Spiel so auch noch viel Spaß. Aber durch die Inkompatibilität mit den üblichen Karten die bei Mau Mau verwendet werden mußten wir uns einige Sonderregeln einfallen lassen, die letztlich für die Kleinen zu komplex waren. Nach einigen Treffen mit diesen neuen Regeln blieben die Kinder meist im Spielzimmer und vergnügten sich mit ihren Yu-Gi-Oh-Karten.
Ohne die Kinder hatten wir immerhin die Möglichkeit, die Regeln selbst noch stark zu erweitern, was in einem äußerst komplexen und anspruchsvollen Spiel mündete. Zusammen mit Monopoly-Geld, dem Spielbrett von Axis&Allies und einem Gong hatten wir ein Spiel, das nun auch mehrere unserer Freunde anzog und mit denen wir uns nun jeden Sonntag trafen um Magic zu zocken. Samstag ging leider nicht, da an dem Tag wechselnd unsere DSA- und Cthulhu-Runde stattfand.
Die Welt war richtig in Ordnung; wir trafen uns regelmäßig, hatten eine Menge Spaß und dank Annabelles Vorschlag (die Freundin meines Freundes) hatte auch noch eine Kreissäge Eingang ins Spiel gefunden, die das Einheizrisiko glatt mal verdoppelte, es sei denn man nahm einen Blobbeldobbel um eine Extrarunde ohne Farbwahl zu drehen. Dem konnte man nur mit mindestens einem Hotel auf Südeuropa entgehen, was einem nichts brachte wenn man wegen einer "8" des Vordermanns aussetzen mußte (Wir akzeptierten mittlerweile jede Karte als "8", die irgendwo eine solche stehen hatte).
Es war eine prima Zeit, auch wenn uns komisch vorkam daß diese Utensilien nicht direkt mit dabei waren.
Doch dann kam der Tag, an dem alles plötzlich endete. Der Tag, an dem mich beim Kauf neuer Karten im Nerdstore so ein langhaariger Typ mit Brille ansprach; "Hey, auch Magic-Zocker?"
"Ja!" antwortete ich, "Sie auch?"
"Ey, sag doch Du, ich bin der Kevin."
"Angenehm, Karl-Heinz mein Name."
"Haste n Deck dabei? Lust auf ne Runde?"
"Ja, prinzipiell schon, aber wo kriegen wir hier einen Gong und eine Kreissäge her?"
Ich werde Kevins Gesicht nie vergessen. Er starrte mich sicher einige Sekunden lang an, ohne jedes Minenspiel. Dann brach er in ein künstliches Lachen aus und fuhr fort: "Ja, nee, klar, der war gut...hahaha...haste nun en Deck dabei oder wie? Komm, wir hocken uns hier hin", und er deutete auf einen freien Tisch.
Ich war etws perplex, denn ich konnte mir nicht vorstellen wie er ohne den Gong die Bongo-Runden spielen wollte. Von der Kreissäge und ihrem Lärm hier im Geschäft mal ganz zu schweigen.
Ich mache es kurz: das Mißverständnis klärte sich auf, als ich aus einem Monopoly-Spiel im Laden das Geld heraussuchte und das Axis-Spielbrett auf den Tisch legte. Der Tag endete damit, von Kevin ausgelacht zu werden was für ein Trottel ich sei, und daß ich Magic vollkommen falsch spielte.
All die schönen Monate in unserer Freundesrunde: am Arsch. Völlig für die Katz. Wir hatten Magic falsch gespielt.
Die folgenden Tage brachte ich damit zu, mir im Internet die richtigen Regeln herauszusuchen, was alles andere als einfach war. Trotzdem lernte ich es einigermaßen schnell, denn die richtigen, echten und einzig wahren Regeln waren lange nicht so komplex wie die unserer falschen Magic-Regeln.
Meine Freunde habe ich seit einiger Zeit nicht mehr gesehen, denn die eine Hälfte fand die richtigen Regeln langweilig und die andere Hälfte sah nach einiger Zeit ein, daß sie sich die nötigen Karten nicht leisten konnten, wollten sie dennoch gut mitspielen können.
Ich bin nun auf der Suche nach neuen Freunden und suche eine Runde mit Magic-Spielern in meiner Gegend, doch das scheint schwierig zu sein. Vorletzte Woche flog ich aus einem Laden als jemand behauptete, Rot sei irgendwie zur Hilfsfarbe verkommen und ich ihm riet, nicht so einen Bullshit zu reden und daß er erstmal richtig spielen lernen solle. Und letzte Woche war ich bei einem Magic-Treffen wo sie "Hausregeln" verwendeten - man durfte bei weniger als 2 Ländern auf der Starthand nochmal 7 Karten ziehen.
Ich habe sie dann mit erhobenem Finger über die richtigen Magic-Regeln aufgeklärt und bin gegangen. Hm. Eigentlich wollten sie sich noch bei mir melden wann wir uns wieder treffen. Ob mein Handy kaputt ist? Undankbares Volk.
Naja, egal...ich bin jetzt was Besseres weil ich mehr über Magic weiß als die anderen. Und es ist gut zu wissen daß die ganze Zeit in der ich falsch gespielt hatte einfach nur Verschwendung war.
Man könnte von Anfang an mit den richtigen Regeln spielen und hätte die ganzen Probleme nicht. Monopoly spielst Du doch auch nach den Regeln, die dem Spiel beigelegt sind.