Die ultimative Wahrheit und ihre Perspektiven
Ehrlich gesagt will ich solche Spannungen gar nicht. Ich richte mich daher diesmal gezielt an jene, mit denen ich mich damals herumgeschlagen habe und will hier versuchen, dem Grund für die Spannungen, die ich allgemein in der Magic-Community sehe, auf die Spur zu kommen.
Am einfachsten wärs natürlich, wir würden uns mal real treffen. Ich lade Euch zu einem Kaffee ein und dann quatschen wir über Magic. Oder zocken einfach mal ne Runde. Die Entfernung wird das wohl leider unmöglich machen.
Das Hauptproblem ist, glaube ich, daß (ich nenne sie jetzt einfach mal so) Profi-Spieler, die regelmäßig auf GPs und auch PTQs oder sogar der PT spielen, eine zumindest teilweise andere Sicht auf das Spiel haben als Spieler wie ich.
Spieler wie ich, um das vorab zu erklären, haben folgende Sicht auf das Spiel:
Ich habe durch meine - doch insgesamt relativ kurze Zeit mit Magic - einen Berg Karten angesammelt. FNMs, Flohmarktfunde, eBay-Auktionen, und mittlerweile auch zwei Displays. Darunter sind also ein ganzer Haufen Karten die niemand je verwenden würde, die im Limited stark waren aber auch nirgendwo anders nunmehr reinpassen, Karten die im damaligen Standard wohl gut waren, aber nach der Rotation auch nicht mehr verwendbar sind, Karten die zwar in irgendeinem Format (Standard, Modern, Legacy) wohl durchaus Berechtigung in ein paar Decks haben, ich aber solche Decks nicht habe und damit für mich auch nicht sonderlich verwendbar sind, und dann schließlich Karten die tatsächlich zu jenem Fundus gehören, den man durchstöbert wenn man an Decks bastelt.
Oder mit anderen Worten: 99% der Karten die sich so ansammeln sind unnützer Müll.
Doch da kommt das Casual-Magic ins Spiel. Es macht einfach Spaß, zumindest mir, sich Decks zu bauen die sicher nicht stark sind, die aber auf einer eigenen Idee aufbauen und die Spaß beim Spielen machen. In meinen Augen gibt es keine unnötigen Karten. Das ist das Schöne am Casual-Magic.
Bereits diese Sicht verstehen anscheinend viele der Profi-Spieler nicht. Aber ich erzähle erstmal weiter von mir, egoistisch wie ich bin:
Da ich noch nicht so lange Magic spiele, fehlt mir vor allem für Legacy noch die komplette Mana-Basis - die bekanntermaßen nicht billig ist. Auch wenn in meinem Tauschordner immer einige Karten einen Wert von 5-15 Euro haben (die meisten aufgrund ihrer Legalität für Standard), irgendwelche alten Duals oder Fetchländer bekommt man damit nicht ertauscht.
Die Zahl an Decks die auf Legacy-Turnieren überhaupt eine Chance darauf hätten, zumindest eine Weile im Spiel zu bleiben, ist damit recht begrenzt. Abgesehen davon ist meine Kenntnis des Metas auch noch nicht so gut, was bedeutet daß ich auch mit einem guten Deck nicht wüßte, wie ich am besten gegen Dredge oder Storm-Kombos boarde oder spiele.
Trotzdem gehe ich zu Legacy-Turnieren. Ganz einfach weil mir Turniere allgemein Spaß machen, weil ich so Erfahrung sammle und weil ich mit den richtigen Erwartungen dort hin gehe. Diese Erwartung heißt im Legacy für mich: Wenn ich von fünf Runden eine gewinne, dann hat sich das heute gelohnt. Und ich freue mich dann über diesen Erfolg, wie sich andere über einen ersten Platz freuen würden.
Im Standard ist das schon anders, hier kenne ich das Meta viel besser, habe adäquate Karten im Deck inklusive der Manabasis. Beim Game Day nächste Woche will ich durchaus mit einem 3:2 enden. Trotzdem habe ich auch hier Karten drin, die ein Profi nie spielen würde.
Warum? Weil ich mit einem eigenen Deck antreten will. Ich will einfach nicht mit einem Deck antreten, das man exakt so im Internet finden kann und das jeder spielt der einfach gewinnen will.
Natürlich werde ich dann von meinen Gegnern angesprochen, die sagen: "Diese Karte würde ich aber nicht rein tun". Nach meiner Erfahrung aber war die Karte bisher immer sehr gut. Beispielsweise Cryptborn Horror. Absolute Craprare. Sehr situativ und teilweise Win-more; wer gute 6-10 Schaden macht damit das ne Bombenkreatur wird, der ist eh auf der Gewinnerstraße. Zumindest wenn man sie in herkömmliche Decks baut. Mein Deck kann dagegen mal kurz für eine Runde so viel Schaden aufbauen, auch wenn ich gerade überhaupt nicht auf der Gewinnerstraße bin. Und dann ist das ne Bombenkarte - meiner Erfahrung nach. Und für meinen Spielspaß zählt nur diese Erfahrung. In meinem Standard-Deck funktioniert Cryptborn Horror.
Klar - wenn ich ein Deck wollte, das *noch* besser funktioniert, dann würde ich den gegen andere Karten ersetzen, ein paar andere wieder gegen ein paar andere - und am Ende wäre es nicht mehr mein Deck, sondern das was jeder spielt. Klar wäre das sicher erfolgreicher. Aber das ist dann nicht das, was ich so auch will.
Ich greife mal ganz bewußt das Beispiel mit dem Streit um mein Goblin-Deck heraus:
Es ging im wesentlichen darum, daß ich sagte, daß der Teerwerfer in dem Deck zu langsam und zu teuer ist, auch wenn er prima ist wenn er dann kommt und ne Runde liegt.
Als Ersatz-Vorschlag kam der Siege-Gang Commander.
Ich sagte, ja, das ist ne gute Karte, aber zum einen wollte ich für ein Casual-Deck (!) mir nicht extra Karten bestellen die rund einen Euro kosten, und dann fragte ich, wie ein 5-Mana-Goblin, der auch allerfrühestens in Runde 6 dann überhaupt was machen kann, das "zu spät/zu teuer" Problem des anderen Goblins lösen soll.
Der Streit entbrannte dann so richtig, da ich genau darauf keine andere Antwort bekam "der ist besser", was für mich unbefriedigend war, vor allem da ich darauf hinwies daß mir die Karte für das Casual-Deck zu teuer ist. Ja, es gibt eine Welt in der manchem Karten für ein Euro zu teuer sind: denn das Deck hat am Küchentisch schon viel Spaß gemacht und war da sehr erfolgreich. Wieso also Geld ausgeben nur um es noch einen Tick besser zu machen, wobei letzteres mir ja nichtmal sicher war?
Mittlerweile verstehe ich die Ursache dieses Streits:
Der Siege-Gang Commander ist natürlich super. Aber nicht so und nicht in meinem geposteten Deck. Das Problem ist, daß die meisten Profis ihn "nur" aus dem gängigen Legacy-Goblins-Deck kennen. Und da ist er nicht super weil er super ist, sondern weil er zusammen mit dem Goblin Lackey, dem Goblin Warchief und der Aether Vial super ist. Weil er da evtl. schon in Runde 2 auf dem Feld liegen kann.
Das heißt: mein Deck wäre klar besser geworden, hätte ich also den Siege-Gang Commander rein, sowie noch weitere 12 Karten raus und die oben genannten dafür rein. Nur wäre das dann nicht mehr mein Deck gewesen, geschweige denn daß die Funktionsweise des Decks noch irgendwas mit der ursprünglichen zu tun gehabt hätte. Es wäre das ganz gewöhnliche 08/15-Legacy-Goblin-Aggro Deck gewesen, das in der Form praktisch jeder auf Legacy-Turnieren spielt. Ferner wäre ich dann nochmal erheblich mehr Geld los gewesen.
Ich habe mittlerweile schon ein paar mal gegen genau solch ein Goblin-Legacy-Deck gespielt, auf Turnieren. Mit meinem eigenen Goblin-Deck. Ich habe zwar bisher immer verloren - aber jedesmal nur sehr knapp und immer mit 1:2. Die Spiele waren spannend und ich habe verstanden, was genau die anderen im Goblin-Thread meinten - warum sie prinzipiell zwar mit der einzelnen Karte richtig lagen, im Zusammenhang aber eben nicht.
Ich habe einige der umstrittenen Tipps von damals durchaus probiert, z.B. den Warchief; er funktioniert in meinem Deck aber ebenfalls nicht. Trotzdem ists natürlich ein Bombengoblin - in anderen Decks.
Profis tun sich offenbar schwer damit, Anfänger- oder Casualdecks zu verstehen. Es geht nicht darum, sie auf das Normmaß von Turnierdecks hin zu optimieren, bis sie exakt wie die gängigen Turnierdecks aussehen.
Eine Chance für Einsteiger und Gelegenheitsspieler sind nicht übliche und als gut belegte Turnierdecks, sondern speziell aufs Meta hin optimierte Decks, die gegen 1-2 verbreitete Decktypen richtig super sind, gegen alle anderen aber ein schlechtes Matchup haben. Auf diese Weise lande ich ja bei Legacy auch meistens mit meinem einen Sieg.
Und nicht anders habe ich das bei meinem ersten Standard-Turnier auch erreicht; das war zu der Zeit als jeder der Meinung war, daß GW-Midrange (mit Loxodon Smiter und Thragtusk etc.) DTB sei und zuhauf gespielt wurde. Mein Anti-Kreaturendeck, billig ohne Ende, schaffte da direkt Platz 3 von 13.
Als ich das wiederum im Forum schrieb, gabs erstmal wieder Dresche: daß das Unsinn sei, daß man solche FNM-Turniere nicht mit "richtigen" Turnieren vergleichen kann, etc. Und damit hatten jene ja sogar recht - nur habe ich nie was anderes behauptet.
Daher, und das ist die Folgerung die ich aus all dem ziehe, habe ich im wesentlichen aufgehört, hier Decks zu posten oder Fragen zu eigenen Decks. Es gibt eine sehr große Kluft zwischen den Profi-Spielern im Forum und jenen, die das zwar gern und oft spielen, denen Gewinnen es aber nicht wert ist, dreistellige Beträge auszugeben um letztlich nur das zu haben, was andere auch spielen.
Das merkt man gerade bei den immer wiederkehrenden Einsteiger-Threads; welche Decks soll man als Einsteiger kaufen?
Der Profi sagt: das und das hat den besten Gegenwert und Spielstärke.
Der Gelegenheitsspieler sagt: nimm das, was Dir selbst den meisten Spaß macht.
Aber was peilt der Einsteiger denn an? Will er beim örtlichen Händler einfach mitspielen können? Oder zielt er PTQs an?
Und diese Frage wird auch kein Einsteiger wirklich beantworten können, weil sich das Spiel für jeden unterschiedlich entwickelt. Der eine will nach einer Weile unbedingt Turniere gewinnen und rechnet Kartenwerte gegen vermeintliche Turniergewinne auf, dem anderen reicht es, weniger Geld auszugeben, mit eigenen Deckideen auf Turnieren anzutreten und damit gelegentliche Achtungserfolge zu erzielen.
Soweit habe ich das verstanden.
Was ich nicht verstehe ist, ob Spieler der jeweiligen Seite die jeweils andere je wirklich verstehen werden.
Wenn ich also etwas über Profis und deren Einstellung geschrieben habe, wo ein Profi sagt "Was für ein Unsinn", dann ist das zumindest ein Beleg dafür daß ich Profis tatsächlich noch nicht wirklich verstanden habe.
Aber solange diese Spaß am Spiel haben und ich auch, ist das auch egal, oder?
Ich glaube man kann die User dieses Forums nicht so einfach einteilen, im Endeffekt sind die Grenzen ja fließend. Ich z.B. bin wohl eher irgendwo in der Mitte zwischen Casual und Turnierspieler, ich mag es Tier 2 oder Tier 3 Decks zu spielen die von den Kosten auch gerne nach oben offen sein dürfen.
Allerdings wäre für mich "Das spielt doch jeder" niemals ein Grund eine Karte nicht zu spielen, im Gegenteil... ich bin der Ansicht, dass man auf gewisse Karten im Format Antworten haben muss, und hat man die nicht muss man sie eben selbst spielen. Und zumindest im T2 (von mehr hab ich auch keine Ahnung) definieren sich diese Karten für mich auch sehr deutlich, nicht zuletzt wegen des kleinen Kartenpools.
Spielt man also ein sehr schnelles Aggrodeck und kann nicht mit Boros Reckoner umgehen wird man zu einem sehr hohen Prozentsatz einfach "zufällig" ausgekontert, so als würde man Reanimator spielen und ein großer Teil der Gegnerdecks spielt den Graveyardhate Playsetweise im Mainboard. ich gebe zu, dass das Beispiel nicht 100% treffend ist denn ich würde in diesem Fall nicht unbedingt anfangen Reckoner zu spielen weil ich keine Solutions gegen ihn habe. Andererseits ist mir allerdings auch bewusst, dass dieses die Karte ist die ich spielen will wenn ich a.) in den Farben bin und b.) ein günstiges Tier brauche das gut stallen kann.
Und solche (in ihren Aufgabenbereichen besten-) Karten gibt es halt für fast alle Farben und Manakosten, und mMn braucht man gute Gründe eben jene Karten nicht zu spielen wenn man schon in den Farben ist und es quasi der einzige Aufwand wäre 4 schlechtere Karten aus dem Deck zu nehmen. Dies gilt zumindest im Turnierforum und ist auch Teil der Forenregeln wenn ich mich nicht täusche -> der Kartenpool ist auszuschöpfen. "Mag ich nicht" oder "Zu teuer" sind also (zumindest als Diskussionsgrundlage!) kein Argument.
Wenn man sich natürlich im Budget ("zu teuer") oder Casualforum ("zu teuer" und "mag ich nicht") bewegt fällt das alles flach und sollte auch so respektiert werden.
Was allerdings meiner Ansicht nach in diesen Bereichen auch nicht wegfallen sollte sind recht einfache Spielprinzipien die nach ein wenig Zeit mit Magic einfach ins Blut übergehen wie das Kleine Einmaleins. Wenn ich mich recht erinnere war das damals auch der Punkt an dem ich meinen Senf in dem Thread gelassen habe, es ging glaube ich um die Effektivität von Arms Dealer + 2 random Goblins gegen einen Thragtusk. Oder wie ich es nennen würde "3 Karten incl. einem 1/1 für 3" um eine Karte des Gegners zu beantworten und trotzdem mindestens einen Zug zurück geworfen worden zu sein (+5 Life) und dabei noch mindestens 10 Mana getappt zu haben.
Was ich damit sagen will: Es ist schön wenn Spieler eigene Kreationen einbringen und ich bin der Letzte der etwas dagegen sagen würde, man muss aber trotzdem objektiv betrachten warum die fraglichen Karten eben nicht gespielt werden, wie du nämlich schon richtig selbst schreibst definiert sich die Spielstärke einer Karte oft zum größten Teil am Meta.
Das Problem beginnt dann wohl an jener Stelle an der von verschiedenen Voraussetzungen ausgegangen wird.
Und zu der "Anfängerberatung".. ja, da habe ich eigentlich schon in dem aktuellen Thread meine Meinung zu geschrieben: Ich denke alle Posts sollten willkommen sein, meistens weiß man ja eben nicht welcher Typ Spieler der Threadersteller ist oder wird.
Auf jeden Fall wird es ihm nicht schaden auch zu erfahren welches das spaßigste Deck ist nachdem er die viel wichtigere Information hat. -> Das beste Preis-/Leistungsverhältnis! ( )