Ein kleiner Schritt für die Menschheit
Der aufmerksame Zuschauer wird sich vielleicht wundern, warum in einer Einstellung der gute, alte Schutzkreis gegen Rot in Großaufnahme auftaucht. Hat Sebastian schon vor Jahren mit den Dreharbeiten für seine monumentales Machwerk begonnen? Gibt es eine neue Secret Tech, die man nur nach Anschaffung eines StarCityGames Premium Accounts zu sehen bekommt?
Beides ist natürlich Unsinn. Die richtige Antwort: Wir haben zum Legacyturnier noch ein "Choose Your Own Standard"-Sideevent veranstaltet. Für den Pro Tour-esquen Durchbruch meines Lieblings-Funformat hat es leider noch nicht ganz gereicht. Aber immerhin haben wir ein kleines, spaßiges 3-Runden-6-Mann-Turnier auf die Beine stellen können (und das obwohl ein paar angekündigte Teilnehmer kurzfristig noch abgesprungen waren).
Drei Lektionen habe ich bei der Werbung für dieses Turnier gelernt. Food for Thought:
Erstens bekam ich von vielen Leuten durchaus interessierte Kommentare, wenn ich erklärt habe, was CYOS ist. Am häufigsten gab es Feedback in der Art: "Kann man da xyz spielen? Cool, damit hab ich damals mein erstes Turnier gespielt / das fand ich früher richtig krank / das war immer meine Lieblingskarte." Genau solche Sachen begeistern mich auch für das Format.
Zweitens habe ich den Eindruck gewonnen, dass viele Spieler sich in ihrer Schublade anscheinend sehr wohl fühlen und darüber hinaus auch gar nichts sonst ausprobieren wollen. "Ich spiel nur Legacy, bei CYOS kenn ich mich ja gar nicht aus." Na gut, alle anderen aber auch nicht. Und das macht es doch wieder spannend, oder nicht?
Drittens sind die CYOS-Regeln wohl nicht so anschaulich, wie ich mir das eingebildet habe. "So wie Standard, aber mit selbst zwei Blöcke und eine Grundedition aussuchen" Das fand ich eigentlich sehr einleuchtend. Aber sogar ein paar erfahrene Turnierspieler hatten damit ihre Probleme, weil die Begrifflichkeiten nicht klar waren. Das hat mich echt überrascht.
Doch genug der Grübelei, kommen wir zum Turnierreport.
Als erstes die Deckliste:
- Länder (21 Karten)
- 6
- 3
- 2
- 4
- 4
- 2
- Kreaturen (20 Karten)
- 4
- 2
- 4
- 4
- 4
- 2
- Zauber (19 Karten)
- 3
- 4
- 2
- 4
- 4
- 2
- Sideboard (15 Karten)
- 4
- 4
- 4
- 2
- 1
Ich hatte das Deck schon mal in meinem allerersten Blogeintrag vorgestellt und ich finde, es ist nach wie vor eine exzellente Wahl für ein unbekanntes und diverses Metagame. Der eigene Plan ist Straight und zwar to the Face. Die Kartenqualität ist durchgehend hoch. Mit dem vorhandenen Removal ist man universell gerüstet, Außerdem hat man Brainstorm into FetchShuffle und den Backbreaker für alles, was bei 4 Mana noch noch nicht auf den Bäumen ist: Armageddon.
Mit dem Sideboard wollte ich gegen Monorot, Affinity, Reanimator und andere Combos gerüstet sein. Im Nachhinein hätte ich statt der Schutzkreise lieber Hydroblast gespielt. Außerdem ist mir beim Deckbau eine weitere Karte durch die Lappen gegangen, die sehr gut ins Konzept gepasst hätte und vielleicht irgendwo in diesen 75 Karten ihren Platz finden sollte. War wohl eine Gedächtnislücke. (Tschuldigung, ich konnte es mir nicht verkneifen).
Runde 1: Thorsten mit UW Caw Delver (Ice Age/Innistrad/M11)
Wir tauschen Kreaturen und Removal hab, bis ich ihn an einer Stelle ohne Counter-Schutz mit Armageddon erwische. Danach ist mein Ritter der König auf dem Schlachtfeld. Dummerweise schwirren noch Geschwaderfalken im Zielgebiet. Deshalb investiere ich meine Lebenspunkte großzügig in Extrakarten aus der Sylvan Library, die mir drei Path to Exile mitsamt dem nötigen Mana gegen seine zwei Chumpblocker beschert und mein Ritter führt seinen tödlichen Streich.
Ich boarde 4 Meddling Mages und 2 Wing Shards gegen je 2 Rafiq, Else und Armageddon.
Im zweiten Spiel sind wir beide auf lächerlichste Weise flooded. Ich prügele quälend langsam mit einem edelmütigen Bird auf ihm herum, bis er irgendwann einen Träger für seine einsame Runechanter's Pike findet. Plötzlich gerate ich gegen den 7/1 Snapcaster Mage im Damage Race ganz weit nach hinten. Zwar hab ich Wing Shards parat, aber er hat den zweiten Mage. Ich hab nochmal Wing Shards, er präsentiert Moorland Haunt. Game Over.
Das entscheidende dritte Spiel startet nicht schlecht mit Hierarch und Pridemage, der gegen zwei ungeflippte Delver in die Offensive geht. Meddling Mage verbietet Schwerter zu Pflugscharen, sodass mein Gegner ohne Removal da steht. Irgendwann flippen seine Delver dann doch und mittlerweile haben sich auch Hawks dazugesellt. Brainstorm into Wing Shards und nochmal Wing Shards im nächsten Zug entsorgt zwar die Hawks, aber am Ende kann ich die Delver nicht mehr racen.
Ein enges Match und leider eine Niederlage,die mich schon aus dem Rennen um den Sieg wirft. Erst hinterher fällt mir auf, dass ich das dritte Spiel hätte gewinnen können, indem ich noch einen Landdrop abwarte, um Brainstorm und Doppel Wing Shards in einem Zug zu spielen.
Runde 2: Timo mit Big Red (Mirrodin/Scars/M11) (treuen Lesern wird dieser Haufen bekannt vorkommen )
Ich werde gegen Timo hochgelost. Gegen sein/mein Klobo-Deck rechne ich mir mit meinen Armageddons gute Chancen aus. Ein bisschen Schiss habe ich vor Slagstorm. Aber wie so oft, kommt es natürlich ganz anders.
Ich komme gut aus den Startlöchern und beschleunige mit Hierarch in einen Rhox War Monk im zweiten Zug. Leider ziehe ich hauptsächlich nur Länder nach. Timo legt mit Shrine of Burning Rage los, den ich aus Angst um mein Nashorn beim Stand von zwei Marken mit meinem einzigen Oblivion Ring abräume. In Response wird der Hierarch geschreint. Diesen Spielzug bereue ich sofort, als Timo in seinem Zug anfängt mit Koth um sich schmeißen. Mein War Monk stirbt einen feurigen Tod im Zenit der roten Sonne und bis zum schnellen, schmerzhaften Ende zeigt mir die Bibliothek nur noch mehr Länder.
Mein Sideboard-Plan besteht aus 4 Circle of Protection: Red und 1 Energy Flux für Rafiq, Else und einen Bird.
Das Sideboardmaterial zeigt sich in diesem Spiel nicht. Timo sammelt Länder und lässt bis auf einen Qasali Pridemage alle meine Kreaturen brennen. Koth ist wieder am Start, gefolgt von einem Sloggerer, für den er sich austappt. Als Antwort auf die Untap-Ability von MC Hammer zeige ich dem Slogger den Weg ins Exil, sodass nach einem Armageddon in meinem Zug nur noch der Planeswalker und mein Pridemage übrig bleiben. Nachdem letzterer ersten umgelegt hat, bringt der einzige Überlebende den Sieg für mich nach Hause.
Wieder geht das Match in die entscheidende dritte Runde. Diesmal habe ich den Schutzkreis, aber dummerweise bekomme ich nicht die Chance mich dahinter zu verbunkern, da er gegen 2 Blinkmoth Nexus und Guardian Idol genau gar keine Wirkung entfaltet. Schon bald riecht es außerdem wieder nach Koth (ok, ab jetzt keine Fäkalwitze mehr, versprochen) und ein weiterer Slogger betritt mit geladenenen ... was auch immer das sein mag, auf jeden Fall hatte er das Mana, um damit zu feuern, das Spielfeld. Da sich auf meiner Hand und in den Topdecks kein Removal zeigt, sind alle meine Kreaturen ab diesem Punkt zu einem Dasein als nutzlose Glimpse the Unthinkable verdammt und ich schiebe zusammen.
Das habe ich mir natürlich anders vorgestellt.
Runde 3 gegen den anderen Sebastian mit RG Eldrazis (Ravnica/Zendikar/?)
Finale Runde, aber eigentlich ist das Turnier für beide Beteiligten schon gelaufen. Mein Gegner Sebastian ist dementsprechend bereits vor unserer Partie sichtlich frustriert. Sein etwas umständlicher Ramp+Fog-Plan, unter anderem mit Hand of Emrakul, Momentous Fall und Elemental Resonance, ist bisher nicht aufgegangen. Dass mein Deck dafür in unserem Spiel endlich anfängt, das zu tun, was es soll, trägt nicht gerade zur Verbesserung seiner Laune bei. Fetchland, Hierarch, Fetchland, Ritter, Fetchland, Rafiq lässt ihm keine Zeit seine Tentakelmonster zur Hilfe zu rufen.
Ich boarde erstmal nichts, weil ich nur Managetier und keine lohnenden Ziele für Meddling Mages gesehen habe.
Auch im zweiten Spiel bringe ich exzellent meine Kurve auf den Tisch: Noble Hierarch, Qasali Pridemage, Rhox War Monk, Elspeth, Knight-Errant und das fliegende Nashorn schlägt zu für acht. Sebastian erkauft sich mit Living Destiny, für das er Emrakul, the Aeons Torn vorzeigt, zwei weitere Züge. Nützen tut ihm das allerdings wenig, da er auch so nur auf sieben Mana kommt, bevor der War Monk ihn fertig macht.
Insgesamt ein Sieg, der keine Zufriedenheit auslöst. Erstens, weil wir nur noch um die goldene Luftgitarre gespielt haben. Und zweitens, weil es (wegen schlechtem Ziehglück bei Gegner oder seinem etwas zu optimistischem Deckbuilding) überhaupt keine Gegenwehr gab.
Am Ende sieht das Gesamtklassement dann so aus:
- Timo - BIG Red (Mirrodin/Scars/M11) - 9 Punkte
- Lorenz - UWR Control (Return to Ravnica/Theros/M14) - 6 Punkte
- Thorsten - UW Caw Delver (Ice Age/Innistrad/M11) - 6 Punkte
- Jan - Bantageddon (Onslaught/Alara/5th) - 3 Punkte
- Sebastian W - Naya Slivers (Time Spiral/?/M14) - 3 Punkte
- Sebastian F - RG Eldrazis (Ravnica/Zendikar/?) - 0 Punkte
Und was nehme ich für die Zukunft mit?
Wenn ich nochmal irgendwann ein CYOS-Funturnier aufziehe, dann auf jeden Fall in einem persönlicherem Rahmen. Die Leute individuell ansprechen und einladen und ihnen genau erklären, worum es geht und wie alles funktioniert. Und nicht als Sideevent zu einem etablierten Turnier, denn da bleiben viele lieber bei dem, was sie schon kennen.
Wenn ich nochmal irgendein Turnier spiele, egal in welchem Format, dann sollte ich mir vorher mehr Gedanken zu meinem Sideboarding machen. Das hab ich hier nämlich definitiv verkackt. (Man vergleiche die Karten, die mir Spiele gewonnen haben, mit denen, die ich immer rausgeboardet habe )
Wenn ich nochmal irgendwo ein Video-Interview führe, dann am besten mit Halskrause, damit sich meine Freundin hinterher nicht wieder über mich als Wackel-Elvis lustig macht.
- chimäre, ElAzar, lurch und ein anderer haben sich bedankt
Nur coole Typen in dem Video .