Okay, auch wenn es sehr persönlich ist, muss ich das hier loswerden. Es fällt mir schwer das Ganze aufzuschreiben, aber vielleicht hilft es dem ein oder anderen...
Also, ich bin 26 Jahre alt, habe die letzten 5 Jahre studiert (die letzten 2 Jahre dann Abendstudium + Vollzeit Arbeit). Ich habe beim Heer wieder angefangen MTG zu zocken und das seeeeehr viel. Man muss dazu sagen, dass ich ein Charakter bin, der sehr empfänglich für Sucht ist. Ich rauche zB. Jedenfalls habe ich damals wieder angefangen zu zocken und hatte beim Heer viel Freizeit. Anfangs war es nur eine Runde in der Pause, am Ende wurde jede freie Sekunde mit dem MTG Spielen verbracht. Grundsätzlich nicht schlecht, dann begann jedoch das Studium und ich war mehrmals in der Woche im Wiener SpielRaum oder im Pub. Ich habe meine sozialen Kontakte weitgehend auf MTG Spieler reduziert.
Das Problem an der ganzen Sache ist folgendes: MTG wurde für mich zu wichtig. Ich war zB mit meiner Freundin im Pub, habe gespielt, während sie sich mit anderen Bekannten unterhielt. Für sie war es okay, aber mir war das Spiel wichtiger als der eigentliche Kontakt mit den Menschen, also auch mit ihr. War ich daheim (Da habe ich noch bei meinen Eltern gewohnt) so habe ich meine Zeit lieber mit netdecken, Cockatrice oder diesem Forum hier verbracht, als mit meiner Familie zu reden, oder meinen Pflichten nachzugehen (Haushalt zB). Ich habe also MTG als oberste Priorität in meinem Leben gesehen, alles andere war zweitrangig. Mir ist das erst richtig bewusst geworden, als folgendes passierte:
Eines Abends, es war Freitag, saß ich mit meinen Eltern beim Abendessen. Mir brannte es unter den Fingernägeln, da Mitternachts-Release war und ich einfach so schnell wie möglich nach Wien wollte zum zocken. Als wir gerade beim Abwaschen waren kam meine Großmutter zur Tür rein und sagte "Bitte entschuldigt die Störung, aber ich glaube der Opa hat sich im Keller erhängt" - Sie stand massiv unter Schock. Ja, mein Großvater, seit Jahrzehnten manisch depressiv, hat sich also an diesem Abend das Leben mit dem Strick genommen... und wisst ihr, was ich Abschaum als erstes dachte? Ja genau... "Fuck, wieso heute? Ich muss aufs Prerelease.". Schlimmer noch: Nachdem ich die Rettung gerufen hatte, mein Großvater vom Strick gelöst war, der Pfarrer und die Notseelsorge da waren und meine Großmutter mit Beruhigungstabletten vollgestopft war (Die ich aus der Apotheke holen musste)... naja, da hat sich dieser Vollidiot hier ins Auto gesetzt und die Nacht durchgezockt.
Als mir am nächsten Tag klar wurde was ich da getan habe, nämlich meine Familie im Stich zu lassen wegen einem verdammten scheiß Kartenspiel, da habe ich mich so sehr vor mir selbst geschämt, dass es unvorstellbar ist. Ich habe noch einige Zeit weiter MTG gespielt, aber der bittere Beigeschmack ist geblieben, also habe ich es dann irgendwann gelassen.
Nun, am Ende meiner Geschichte kann ich noch folgendes sagen: Ich habe in meiner MTG-Karriere einige Personen kennengelernt, die wie ich MTG zu ihrem "Lebensinhalt" machen, oder dem Hobby eine sehr große Bedeutung schenken. Ich habe selbst erkannt wie schlecht das sein kann und es aber über Jahre hinweg nicht realisieren wollen. Jedenfalls kann ich jedem nur raten sich hinzusetzen und sich selbst zu fragen wo die Grenze zwischen Hobby und Sucht ist. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
P.s.: Ich glaube es ist unnötig zu erwähnen, aber in den Jahren habe ich so ziemlich jeden freien Cent in MTG investiert. Ich schätze meine Sammlung liegt Werttechnisch irgendwo bei 10k. Früher war sie mir das Wert, heute ist sie für mich fasst komplett wertlos. Wer jetzt sagt "Dann verkauf sie einfach" - Stimmt, könnte ich, aber ich bin noch nicht stark genug dafür. Die Karten zu besitzten und die Goyfs, Duals etc. verstauben zu lassen ist eine Art Rettungsleine eines Süchtigen - So eine Art "Ich kann zurück-Ticket".
- King Suleiman, nagaroth, Schiggy und 8 andere haben sich bedankt