Soltari-White-Wheenie!Als an diesem kühlen Morgen ein unbedarfter Sohn eines Bauern in das Tal hinab schaute, sah er etwas, das er als eigenartig bezeichnet hätte, hätte er nur lang genug gelebt, um davon zu berichten. An einer Stelle schien der Nebel dichter zu sein, und diese Stelle schien sich zu bewegen - geradewegs auf ihn zu. Das Wetter in diesen eisigen zerklüfteten Bergen ist mitunter tückisch und unvorhersehbar, wüssten die Einheimischen zu berichten, wären sie denn heute noch am Leben. So dachte dieser unbedarfte Junge sich nichts dabei, selbst dann nicht, als dieser dichte Nebel so nah gekommen war, dass er Fußstapfen-förmige Löcher sah, die sich nach und nach im Schnee vor ihm auftaten.
Als schließlich das Blut aus seiner Kehle in den Schnee lief und das Leben seine Glieder allmählich verließ, spürte er keine Angst. Nur wohltuende Wärme spürte er, als ein entstelltes und gleichzeitig ungemein weises und Ruhe ausstrahlendes Wesen sich zu ihm beugte und tröstende Worte sprach, in einer Sprache, die schon seit Jahrhunderten niemand mehr verstand. Doch er verstand, kurz bevor er sein Leben aushauchte. Sie waren zurück, die Vertriebenen, die Betrogenen, die Verlassenen. Die Soltari waren zurück. Beim Soltari-WW handelt es sich um ein White-Wheenie-Aggro-Deck, das auf unblockbare Kreaturen setzt, die über Global-Pump dem Gegner ordentlich zusetzen.
Kapitel 1: Choices1.1: Manabase
Die Manabase bei diesem Monocoloured Deck ist eher unspektakulär. Zwecks Kartenvorteil nutze ich hier die Kombination aus
Snow-Covered Plains (Man nimmt natürlich die schönen aus Coldsnap und nicht die hässlichen aus Ice Age! Anders funktioniert dieses
coole Deck einfach nicht.) und
Scrying Sheets. Letzteres lässt uns einerseits in die Zukunft schauen und andererseits Kartenvorteil erzeugen. Ganz nebenbei erzeugt sie Abwurf-Material für
Mask of Memory, welche später noch thematisiert wird.
1.2: The Shadow?! The Shadow!
Wie furchterregend diese Männer sind, weiß jeder, der den Film "The Gamers" gesehen hat. Dort sorgte ein Schattenmann schon für Furcht und Entsetzen. Wir spielen gleich 20 davon. Ernsthaft, wundert euch nicht, wenn der Gegner direkt einpackt, sobald ihr den ersten Soltari auf den Tisch legt. Mit Shadow spielt heutzutage kaum noch jemand, und wenn man mit deutschen Karten spielt, muss man selbst gestandenen Turnier-Spielern noch manchmal erklären, was Irrealität denn überhaupt ist. Das liegt natürlich nicht daran, dass Irrealität im Turniergeschehen nicht von Bedeutung ist, sondern vielmehr an einem ungeschriebenen Gesetz, das besagt, dass man diese Kreaturen nicht spielen darf, weil sie einfach zu stark sind. Ja, so ist das. Was aber ist Irrealität nun? Irrealität bedeutet de facto Unblockbarkeit, führt aber leider auch dazu, dass ihr selbst nicht blocken könnt. Das wollt ihr aber als Aggro-Spieler ohnehin nicht. Für den absolut unwahrscheinlichen Fall, dass der Gegner vor seinem Ableben eine Kreatur legt, die euch gefährlich werden
könnte, kann der
Soltari Emissary mitunter auch seinen Schatten zuhause lassen, um einen Gegner abzufangen. Der "Lord" dieser gemeinen Kerls ist der
Soltari Champion. Er pumpt zwar nur, wenn man angreift - das ist aber egal, weil ihr ohnehin nicht blocken könnt und wollt. Der
Soltari Foot Soldier ist der First-Turn-Drop, der den Gegner in der Regel zur Aufgabe bewegt, und trägt wie jeder Soltari gerne eine
Mask of Memory.
Soltari Monk und
Soltari Priest tun dem Gegner ebenfalls weh. Auch ihr Schutz vor Rot bzw. Schwarz hat schon so manchen Spieler zur Verzweiflung getrieben, vorausgesetzt natürlich, dieser Spieler hatte Nerven wie Stahlseile und ist deshalb durch die erste Runde gekommen, ohne schreiend wegzulaufen.
1.3: Er schoss schneller als sein Schatten
Für globalen Pump sorgen
Honor of the Pure - ja, diese unwahrscheinlich krassen Soltari, die ihr spielt, sind tatsächlich weiß! - und
Shared Triumph. Für letzteres könnt ihr bedenkenlos "Soltari" ansagen - die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein weiterer Spieler in der Lage fühlt, die Macht dieses völlig zu Unrecht ungespielten Tribes zu beherrschen, ist sehr gering.
Mask of Memory beschleunigt das ganze ebenfalls, weil ihr definitiv ungeblockt durchkommt. Gerüchteweise sind Spieler durch diese Karte schon vor ihrem ersten Zug gestorben - dafür möchte ich mich jedoch nicht verbürgen. Im Zweifelsfall werft ihr einfach Länder ab und schmeißt dem Gegner dafür noch mehr Kreaturen und Pump an den Kopf. Alternativ findet ihr auch Removal, das ihr allerdings eh nicht brauchen werdet. Nicht vergessen: Kreaturen erst in der zweiten Hauptphase spielen. Alle Karten dieses Decks sind pervers gut, aber nicht alle sind in jeder Situation gleichermaßen pervers gut. Also wartet erstmal die zwei Karten der Mask of Memory ab!
1.4: Lösungen für nicht-existente Kreaturen - Removal!
Soltari dulden keine anderen Kreaturen als Soltari auf dem Feld. Als hätte man wirklich Grund zur Angst vor gegnerischen Kreaturen, die ungeblockt durchrennen können oder andere Dinge machen, spielen wir
Swords to Plowshares und
Path to Exile. Diese beiden Karten sind gleichzeitig eine Metapher für das ganze Deck. Wenn ihr dieses Deck auspackt und anfangt, den Gegner zu überfahren, wird ihm ohnehin nichts anderes bleiben, als euch wie ein dummer Bauer dabei zu zu schauen. Nachdem ihr ihn nun absolut gepeinigt und gedemütigt habt, wird dieser Spieler freiwillig ins MTG-Exil gehen und bei jeder drehbaren Pappkarte einen Herzinfarkt kriegen. Natürlich wird der Gegner gar nicht erst dazu kommen, Kreaturen zu legen, die diese beiden Karten treffen könnten, daher werdet ihr diese Karten am Ende wohl dafür nutzen, durch Lifegain und überflüssige Länder auf eurer Seite den Sieg noch epischer erscheinen zu lassen. Zuschauer werden euch fragen, ob der Gegner überhaupt mitgespielt hat, denn dieses Deck erinnert mitunter schon an das gute alte Solitär, nur dass der Gegner hier noch chancenloser ist.
Kapitel 2: Die Kunst des KriegesWie spielt man nun dieses Ungetüm von Deck? Kurzum: Man tut es einfach. Ihr spielt, was ihr zieht. Mehr muss zu diesem Deck kaum erklärt werden. So lange ihr in der Lage seid, 60 Pappkarten in der Hand zu halten und um 90 Grad zu drehen, könnt ihr dieses Deck spielen. Wichtig ist nur:
- Kreaturen in der zweiten Hauptphase spielen. Wer etwas anderes tut, gehört sowieso erschossen.
- Im Early-Game
Swords to Plowshares über
Path to Exile spielen, um eurem Gegner durch den dadurch entstehenden Ramp nicht doch noch den quantentheoriemäßig kleinen Hauch einer Chance zu geben. Im Midgame dann PtE bevorzugen, der Gegner soll schließlich kein Leben geschenkt kriegen. Wer so verrückt ist, nicht direkt nach dem ersten gelegten Soltari aufzugeben, gehört sowieso schnellstmöglich überfahren. Das Lategame erreicht der Gegner hingegen NIE lebendig! Insofern habe ich für diese Phase des Spiels keine Tips parat, da dieser Fall einfach noch nie eingetreten ist.
Kapitel 3: Die KostenJa, die bösen Bedingungen dieses Contests haben mich dazu gezwungen, auf Gemeinheiten wie die
AEther Vial und
Umezawa's Jitte zu verzichten. Aber da Soltari sowieso, wenn überhaupt, nur von anderen Soltari geschlagen werden, stört mich das nicht wirklich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kostet dieses Deck bei Miracle Games 102.80 Euro - ein fairer Preis für absolute Unbesiegbarkeit. Ich meine dennoch, diese Karten über MKM deutlich billiger gekriegt zu haben.
Kapitel 4: Die OpferGut, hier werde ich nun vorübergehend ernsthaft sein. Generell ist das Soltari-WW ein Deck, das ähnlich wie alle WW-Decks an Konstanz und Stabilität kaum zu überbieten ist. Wer dieses Deck nicht spielen kann, hat einfach noch nie Magic gespielt.
Einzelne Matchups zu analysieren macht in meinen Augen im Casual allerdings überhaupt keinen Sinn. Ich hoffe, ihr erkennt die Mühe, die ich mir mit diesem Post gemacht habe, und seht, dass es nichts mit Faulheit zu tun hat, wenn ich auf Matchups verzichte. Matchups sind im Casual einfach keine zuverlässigen Informationen. Vor allem, da man kein Sideboard hat. Mein Meta ist nicht euer Meta, die Information bringt euch also nicht unbedingt viel. Das ganze hängt einfach nicht zuletzt davon ab, auf welchem Niveau (-> sowohl Euro als auch Strategie) das Deck des Gegners ist. In der Regel setzt diese Armee aus quasi-unblockbaren Kreaturen dem Gegner ordentlich zu. Setzt der Gegner auf einzelne starke Kreaturen, ist das Removal Gold wert. Dass man nicht blocken kann, kann tatsächlich zum Problem werden. Dieses Problem macht dieses Deck jedoch durch Geschwindigkeit und Control-Elemente mehr als wett. In unseren Casual-Runden konnte dieses Deck mit allen anderen Aggro-Decks mehr als mithalten. Im Zweifel mullt man auf die entsprechende Protection. Burn kann problematisch werden. Nicht selten ist es einfach schneller, das Removal wird zu toten Handkarten, die Unblockbarkeit der Soltari nutzt uns nichts. Eine
Chance besteht darin, eigene Kreaturen mit
Swords to Plowshares zu removen, sodass man evtl. 1-2 Runden länger lebt. Aber dann macht man natürlich auch weniger Schaden. Control wiederum ist nicht wirklich effektiv gegen dieses Deck, da wir einfach keine elementare Kernkarte spielen, sondern einen Haufen guter Karten, die als Gesamtkunstwerk den Gegner zur Verzweiflung treiben. Reanimator wird in der
Living Death-Variante bei uns ebenfalls gespielt. Entweder man ist einfach schneller, oder man versucht, sofern man über 1-2
Mask of Memory Kartenvorteil erwirtschaftet, selbst Kreaturen in den Friedhof zu schicken, sodass man nach LD nicht ohne irgendwas dasteht. Die Prot-Black-Soltari
Soltari Monk leisten in diesem Matchup gute Dienste, sodass es auf ein faires 50:50 hinaus läuft.
Kapitel 5: Warum IHR dieses Deck spielen solltet!Wenn ihr mal eine gepflegte Kneipenrunde mit MTG abhaltet und immer mehr leere Bierflaschen auf den Discard-Stapel wandern, spielt dieses Deck. Ihr werdet sehen: Selbst im unheiligsten Vollsuff aller Zeiten werdet ihr dieses Deck spielen können, ohne große Spielfehler zu begehen. Es spielt sich einfach wie von selbst. Dennoch tut es mehr als Draw-Play-Attack-Go. Im Laufe der Zeit habe ich dieses Deck oft modifiziert - es handelt sich hierbei um das erste Deck, das ich damals selbstständig konstruiert habe - und ich ich spiele es bis heute gerne! Zudem ist dieses Deck perfekt für jeden geeignet, der wie ich jedesmal innerlich weint, wenn eine Kreatur beim Block das Zeitliche segnet.
Kapitel 6: DanksagungenIch danke WotC, Hasbro und meiner Mama.
Bearbeitet von h3li05exe, 08. Mai 2011 - 15:55.